Derzeit finden die KV Verhandlungen für die 12.000 Beschäftigten der privaten Busunternehmen statt. Die Solidarwerkstatt unterstützt die Forderungen der Gewerkschaft vida. Eine klimafreundliche Mobilitätswende mit mehr Öffentlichem Verkehr braucht auch gute Arbeitsbedingungen und mehr Personal. Und ein Ende der Liberalisierungswut.
Derzeit verhandelt die Gewerkschaft vida den Kollektivvertrag für 12.000 Beschäftigte der privaten Busunternehmen. Gefordert wird eine faire Lohnerhöhung von 4 Prozent und vor allem Verbesserung im Rahmenrecht. Die Branche leidet unter Personalmangel. Ursachen dafür sind enorme Überstundenzahlen, überlange Dienste im Schichtbetrieb bis zu 15 Stunden, Nacht- und Wochenenddienste ohne Zulagen, fehlende soziale Infrastruktur, wie sanitäre Anlagen, sowie unzureichende Maßnahmen zur Gewaltprävention, wie vida-KV-Verhandlungsleiter Anil Zümrüt erläutert.
Um den Beruf wieder attraktiver zu machen, fordert die vida u. a. eine Ausweitung der Zulagen für Nachtarbeit von 22 Uhr bis 6 Uhr sowie die Einführung einer Zulage für Sonntagsarbeit in Höhe von 100 Prozent. Die tägliche unbezahlte Ruhepause soll nur mehr höchstens eine Stunde betragen dürfen. Die zustehende tägliche Ruhezeit von 11 Stunden dürfen zukünftig weder verkürzt noch geteilt werden (geteilte Dienste). Verbesserungen müsse es auch bei den Arbeitszeiten geben, Lohnsprünge müssten schon früher wie bisher erreicht werden können.
Personalmangel mit attraktiven Arbeitsbedingungen statt mit Lohndrückerei begegnen
Der Personalmangel müsse bekämpft werden, indem die Arbeitsbedingungen attraktiver werden. Dann können Neueinsteiger gewonnen und bestehendes Personal gehaltet werden. So Markus Petritsch, Vorsitzender des Fachbereichs Straße in der Gewerkschaft, der betont: „Es gilt, Menschen vom heimischen Arbeitsmarkt mit guten Arbeitsbedingungen und fairer Entlohnung für unsere Branche abzuholen.“ Der Beruf der BuslenkerInnen müsse wieder von der Mangelberufsliste runterkommen. Ein breites und klimafreundliches öffentliches Busangebot im Linienverkehr müsse auch ohne Arbeitskräfte aus Drittstaaten, ohne Rot-Weiß-Rot-Karte und ohne Lohndrückerei möglich sein, fordert Petritsch.
Die Unternehmer haben sich in den Verhandlungen bisher kaum bewegt. Das Lohnangebot von 3,2 Prozent befindet sich unter der rollierenden Inflation von 3,5 Prozent. Ein Alternativangebot hätte zwar die rollierende Inflation vorgesehen, zugleich aber eine Kürzung des Weihnachtsgeldes um 30 Prozent. „Argumentiert wurde dies damit, dass Buslenker:innen aus unseren Nachbarländern weniger verdienen“, ist KV-Verhandlungsleitet Zümrüt empört.
Gewerkschaft und Klimabewegung gemeinsam
In dieser Woche wird die Gewerkschaft eine Zahn zulegen. Betriebsversammlung, die auch den Betrieb beeinträchtigen können, werden abgehalten, um Nachdruck hinter die Forderungen zu bringen. Diese sind nicht nur als gewerkschaftlicher Sicht berechtigt, sondern auch aus Sicht der Klima- und Umweltbewegung sehr wichtig. Deshalb haben im Bündnis Wir-Fahren-Gemeinsam (#WFG) GewerkschafterInnen und KlimaschutzaktivistInnen zusammengefunden. Gemeinsam haben sie am 23.1.2025 vor der Wirtschaftskammer in Wien, Salzburg, Graz, Bregenz, Innsbruck, Linz und Klagenfurt protestiert und dort 7.000 Unterstützungserklärungen von BusfahrerInnen und Fahrgästen übergeben.
Für Klima und Umwelt ist es notwendig, dass der öffentliche Verkehr ausgebaut wird. Diesel- und Benzinautos stoßen 4 ½ mal soviel CO2 (pro Personenkilometer) wie Busse. Selbst Elektroautos haben eine 70 bis 100 Prozent schlechtere Treibhausbilanz. Der Ausstoß von Feinstaub liegt bei Diesel- und Bezinautos beim bis zu 7-Fachen, bei Elektroautos immerhin auch noch beim 5-fachen der Emissionen von Bussen.
Forderungen auch an die Politik
Eine klimafreundliche Mobilitätswende mit mehr Öffentlichem Verkehr braucht auch gute Arbeitsbedingungen und mehr Personal. Diese Forderungen richtet sich nicht nur an die Unternehmen, sondern auch an die öffentliche Hand, die in der Regel den Busverkehr beauftragt und bezuschusst. Da die Bundesländer bzw. deren Verkehrsverbünde dazu übergegangen sind, Buslinien auszuschreiben, hat sich zumeist ein Billigstanbieter-Prinzip durchgesetzt. Ein ruinösen Wettbewerb ist in Gang gesetzt worden, der auf Kosten der Beschäftigten und ihrer Arbeitsbedingungen geht, da 60 Prozent der Kosten Personalkosten sind.
Das bestätigt eine Studie, die von einem Forschungsteam der Universität Wien in Zusammenarbeit mit der Arbeiterkammer erstellt wurde. Die Studie mit dem Titel „Busfahrer:innen am Limit“ zeigt die Fehlentwicklungen in dieser Branche auf: Personalmangel, eng getaktete Fahrpläne und erhöhtes Verkehrsaufkommen machen sich an den zu leistenden Überstunden bemerkbar. Ein Drittel der Buslenker:innen macht laut Studie „fast täglich“ Überstunden, Dienstschichten von bis zu 15 Stunden erschöpfen die Leute. Über drei Viertel arbeiten an Sonn- und Feiertagen, Zuschläge bekommen sie dafür keine. Viele klagen, dass unter diesem Bedingungen zu wenig Zeit für Freizeit, Familie und Kinder bleibt.
Liberalisierungswahn Einhalt gebieten!
Dem Liberalisierungswahn im öffentlichen Verkehr, der eng mit EU-Richtlinien verbunden ist, muss Einhalt gebot werden. Der Wettbewerb geht zu Lasten der Beschäftigten und auch der KundInnen. Von Überstunden ermüdete und erschöpfte FahrerInnen gefährden die Gesundheit und Sicherheit ihrer Fahrgäste. Das Billigstbieterprinzip muss durch das Bestbieterprinzip mit hohen sozialen Standards abgelöst werden. Ein engmaschiges Busnetz, das auch in der Fläche ein gutes Angebot, Alternativen zum Auto und Synergien mit der Bahn schafft, muss den öffentlichen Verkehr als kooperatives Gesamtsystem entwickeln – und am besten gleich im öffentlichen Eigentum fahren.