Die drohende Schließung des ATB-Werkes in Spielberg ist ein weiterer Beleg für das Fehlschlagen der Privatisierungspolitik der letzten Jahrzehnte. Die Solidarwerkstatt Österreich erklärt sich solidarisch mit den  ATB-Beschäftigten, die für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze kämpfen und fordert eine strategische Beteiligung der öffentlichen Hand statt Ausverkauf und Arbeitsplatzvernichtung.

Der chinesische Eigentümer Wolong will den Elektromotorenhersteller ATB in Spielberg zusperren. 360 der 410 MitarbeiterInnen wurden bereits zur Kündigung beim AMS angemeldet. Für die Region ist das ein Schock: ATB ist der größte Arbeitgeber in Spielberg, die Hälfte der Belegschaft ist über 50 Jahre alt. Die Geschichte des Werks zeigt die fatalen Auswirkungen der Privatisierungspolitik: In den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gehörte ATB zum deutschen Bauknechtkonzern. Nach dem Ausgleich der österreichischen Bauknechtgruppe im Jahr 1982 wurde ATB vom österreichischen Staat aufgefangen, saniert und 1989 wieder privatisiert. Doch auch für neuen deutschen Eigentümer – zunächst die Rothenberg-Gruppe, dann die Flender AG gemeinsam mit der Babcock AG – hatte ATB in Spielberg nur die Rolle einer verlängerten Werkbank. Nach wirtschaftlichen Turbulenzen in den 90er Jahren drohte erneut die Schließung des Standorts. Wieder sprang der österreichische Staat in die Bresche, um das Unternehmen zu retten: Die „Gesellschaft für Bundesbeteiligungen an Industrieunternehmen Gmbh“ (GBI) der Republik übernahm 1997 das Unternehmen, nur um es 2001 wieder zu privatisieren und dem dubiosen österreichischen Investor Mirko Kovats auszuliefern, der schon bei der Privatisierung der VA-Tech bewiesen hatte, dass es ihm nicht um die nachhaltige Entwicklung von Unternehmen, sondern um das rasche Kohlemachen ging.

2010 ging die A-Tec-Gruppe von Mirko Kovats in Konkurs, ATB wurde von der chinesischen Wolong-Gruppe übernommen. Die Versprechungen der neuen Eigentümer, den Standort in Spielberg auszubauen, erwiesen sich als trügerisch: Seit 2016 fiel die Investitionsrate von 2 Prozent auf 0,5 Prozent des Umsatzes. Üblich sind Investitionen von drei bis fünf Prozent in Branchen wie diesen (1). Doch in Spielberg lagen die Investitionen sogar unter der Wertminderung – und das bedeutet den langsamen Verfall. Zum Teil tropfte bereits der Regen in die Hallen. Offensichtlich ging es den neuen chinesischen Eigentümer vor allem um den Know-How-Transfer im Bereich Elektromotoren und den Zugang zum österreichischen Markt. Der ATB-Betriebsrat kritisiert, dass der Plan, das Werk zu schließen, nicht erst heute oder vor ein paar Monaten entstanden ist. Auf diesen Tag hat man seit einigen Jahren hingearbeitet.“ (2) Der Betriebsrat selbst hat seit 2016 im Namen der Beschäftigten immer wieder das Management darauf hingewiesen, wo Investitionen fehlen und wo Personal nachbesetzt werden müsste, um das Werk überlebensfähig zu halten. Die Unternehmensführung ignorierte das konsequent. „Ziel dürfte eher gewesen sein, die einfache Produktion nach Serbien zu verlagern, die Produktion der High-End-Produkte nach China.“ (3). Jetzt wird die Coronakrise als Vorwand genommen, um den Standort zuzusperren.

Die Solidarwerkstatt Österreich erklärt sich solidarisch mit den Beschäftigten und ihren Vertretern, die für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und des Maschinenparks der ATB in der Steiermark kämpfen. Wir sehen die drohende Schließung des ATB-Werkes als ein weiteres Beispiel für das Fehlschlagen der Privatisierungspolitik, die in Österreich vor allem mit dem EU-Beitritt eingesetzt hat bzw. beschleunigt wurde. Damit muss endlich Schluss sein! Im Interesse der Beschäftigten, der regionalen Entwicklung und der wirtschaftlichen Unabhängigkeit Österreichs fordern wir die Übernahme von ATB durch die öffentliche Hand, um die Schließung des Werks zu verhindern. Ziel darf jedoch nicht – wie in der Vergangenheit – sein, das Werk zu sanieren, um es dem nächsten Privatinvestor zum Ausverkauf und zur Filetierung feilzubieten. Ziel muss es sein, mit Hilfe einer strategischen öffentlichen Beteiligung Arbeitsplätze und Knowhow in der Region zu sichern und diese Schlüsseltechnologie vor allem für jene Bereiche – z.B. Wind- und Wasserkraftwerke - weiterzuentwickeln, die in Zeiten der Klimakrise besonders wichtig sind.

Vorstand der Solidarwerkstatt Österreich
(August 2020)

Quellen:
(1) https://kontrast.at/atb-spielberg-kuendigungen-wolong-china/
(2) ebda
(3) ebda