kollaktivvertrag druck demoDie Angriffe auf Kollektivverträge gehen auch in Österreich weiter. Im Bereich Grafischer Druck ist die Arbeitgeberseite aus dem Kollektivvertrag ausgestiegen. 9.500 Beschäftigte stehen damit ohne den Schutz eines bundesweiten Kollektivvertrags da. Betroffene demonstrierten am 13. Juni lautstark vor der Wirtschaftskammer in Wien und forderten: „Schluss mit den Spielchen!“

 EU-Kommission und Industriellenverbände drängen auf den Abbau von Arbeitnehmerrechten, im Visier sind insbesondere die Kollektivverträge. In südeuropäischen Ländern wurden auf Druck der „Troika“ (EU-Kommission, EZB, IWF) die Kollektivverträge regelrecht zertrümmert. In Frankreich drängt der neue Präsident Macron derzeit ebenfalls in diese Richtung. In Österreich, das nach wie vor eine hohe Kollektivvertragsabdeckung von über 95% aufweist, laufen die Angriff auf die Kollektivverträge eher scheibchenweise und nadelstichartig (sh. Beitrag von Anne Rieger).

9.500 Beschäftigte ohne Kollektivvertrag

Einen weiteren Nadelstich setzt die Arbeitgeberseite derzeit in der Druckereibranche. Bisher war der Verhandlungspartner auf Arbeitgeberseite der private Verband Druck- und Medientechnik, doch dieser erklärte sich ab Mitte Juni 2017 nach einer Statutenänderung nicht mehr für KV-fähig. Das Bundeseinigungsamt hat dem Antrag des Verbands Druck & Medientechnik, nicht länger Kollektivvertragspartner sein zu wollen, stattgegeben. Und die Fachgruppe Druck in der Wirtschaftskammer (WKÖ) weigert sich bis dato, die KV-Verhandlungen stattdessen zu führen. Die Begründung für den Ausstieg aus dem Kollektivvertrag: Der Kollektivvertrag sei „zu kompliziert“, die „unternehmerischen Risiken unwägbar“, vor allem „im Hinblick auf das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz“ (SN, 14.6.2017). Die rund 9.500 Beschäftigten des grafischen Gewerbes müssen daher ohne den Schutz eines bundesweiten Kollektivvertrags arbeiten. Es droht eine chaotische Rechtsituation, eine Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und Lohndumping, wenn die ArbeitnehmerInnen auf Bundesländer- und Betriebsebene gegeneinander ausgespielt werden können.

„Das geht ganz schnell“

Über 400 betroffene ArbeitnehmInnen protestierten daher am 13. Juni lautstark vor der Wirtschaftskammer in Wien. Die Gewerkschaft GPA/djp fordert: "Schluss mit den Spielchen! Die WKÖ muss jetzt einen bundesweiten Kollektivertrag für alle Beschäftigten im grafischen Gewerbe verhandeln! Wir wollen keinen kollektivvertragsfreien Zustand akzeptieren und halten auch Verhandlungen über Kollektivverträge auf Landesebene der Wirtschaftskammern für nicht zielführend, weil das zu gravierenden Wettbewerbsverzerrungen führen würde." In einer einstimmigen Resolution fordert die Gewerkschaft: „Wir sind bereit, mit allen uns zu Verfügung stehenden Mitteln für unseren Kollektivvertrag zu kämpfen!“ KV-Verhandler Christian Schuster von der GPA mit Streik: "Das geht dann ganz schnell.“ (SN, 14.6.2017).
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Solidarität mit den DruckerInnen

Aus Sicht der Solidarwerkstatt ist die Solidarität mit den im Grafischen Druck Arbeitenden im Interesse aller ArbeitnehmerInnen. Denn jedem erfolgreichen Nadelstich gegen den Kollektivvertrag wird sofort der nächste folgen. Die Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen der EU-Kommission hat im „Labour Market Development“-Bericht 2012 den Abbau von kollektivvertraglichen Regelungen zugunsten „dezentralisierter“ Lohnfindung mit dem deklarierten Ziel „Reduktion der gewerkschaftlichen Verhandlungsmacht“ als Leitlinie ausgegeben. In Österreich drängt die Industriellenvereinigung in diese Richtung – und findet damit zunehmend Gehör in der politischen Landschaft. So forderte FPÖ-Nationalratsabgeordnete Bernhard Themessl im Vorjahr offen die Abschaffung von Kollektivverträgen. Die frühere SPÖ-Staatssekretärin und Siemens-Managerin Brigitte Ederer (Aufsichtsrat Wien Holding) schlägt in dieselbe Kerbe: "Ich glaube, dass Kollektivverträge und fixe Arbeitszeiten der Vergangenheit angehören.“ (Die Presse, 13.10.2016). Sorgen wir dafür, dass eine solche Politik, die hart erkämpfte soziale Errungenschaften beseitigen will, der Vergangenheit angehört!
(14.6.2017)