ImageZwei wichtige Wortmeldungen von Norbert Bauer, Betriebsratsvorsitzender einer großen Hotelkette und Vorsitzender der Solidarwerkstatt, beim vida-Gewerkschaftstag im November 2014. Die Themen: Steuerreformdebatte und EU-Liberalisierung.


betrifft: Steuerreformdebatte

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, i

ich unterstütze jede einzelne der wichtigen und richtigen Forderungen 100-prozentig.Mir geht es in diesem Zusammenhang freilich eher um eine Art SCHWERPUNKTVERSCHIBEUNG in der öffentlichen Debatte. Im Vordergrund steht zurzeit vorrangig eine VERMÖGENSSTEUERDISKUSSION.
Aber liebe Kollegin von der AK, garade Du weißt doch, dass Vermögenssteuern - per Definition -  LENKUNGSSTEUERN sind, das heißt ich will mit solchen Steuern ein „Übel“ (in dem Fall unverhältnismäßige Vermögensakkumulierung) beseitigen und muss daher damit rechnen, dass DIESE Steuereinnahmen SINKEN und großen SCHWANKUNGEN unterliegen können. SOLCHE Steuern sind geeignet für EINMALINVESTITIONEN etwa in Infrastruktur etc., aber NICHT zur LAUFENDEN Finanzierung des Sozialstaates. DAFÜR eignen sich in erster Linie WERTSCHÖPFUNGSABGABEN, wie wir sie ja auch FORDERN, nur wünschte ich mir eben eine PROMINENTERE ÖFFENTLCHE Diskussion DARÜBER, denn nur mit Wertschöpfungsabgaben lässt sich der Sozialstaat NACHHALTIG und WIRKLICH DAUERHAFT finanzieren.
Vielen Dank!



betrifft: Daseinsvorsorge, Privatisierung, EU-Liberalisierung


Bei der Abstimmung zum Kapitel über die Daseinsvorsorge, Privatisierung,(EU)-Liberalisierung musste ich mich leider der Stimme ENTHALTEN. Hier meine Begründung:

  

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,


ich möchte nun kurz andeuten weshalb ich mich bei diesem Kapitel sehr SCHWEREN HERZENS der Stimme enthalten werde. Natürlich werde ich nicht dagegen stimmen, weil ich die einzelnen Forderungen ja für wichtig und berechtigt halte, aber mir fehlt es - gerade bei diesem Teil des neuen Grundsatzprogrammes - eine meines Erachtens nötige SCHÄRFE bei den Formulierungen. Für eine Kampforganisation (!) sind mir die Forderungen einfach zu DEFENSIV. Einmal mehr entsteht nämlich der Eindrück, dass wir als „gestandene Gewerkschafter“ bei Themen zu nationalen Belangen durchaus immer wieder kantig und offensiv formulieren, sobald es aber um die EU-Ebene geht wird es auf einmal SEHR NETT, fast BLUMIG - WEIHRAUCH scheint in der Luft zu liegen.....Visionen von einem „anderen, sozialen Europa“ werden evoziert, von denen auch ich gerne träumen mag, nur fehlt mir dann stets eine realistische Beschreibung des Weges dorthin, wenn man sich die Grundlage der „Arbeitsaufträge“ für die EU-Kommission, nämlich die EU-Primärverträge und all die vielen zusätzlichen EU-Pakte der letzten Jahre vor Augen hält.

 

In DIESEM Licht erscheinen solche Formulierungen dann freilich wie „Briefe ans Christkind“. Aber ich hoffe und denke, dass - inzwischen - allen in diesem Raum längst klar geworden ist, dass in der EU-Kommission KEINE CHRISTKINDER, sonder Vertreter eines GNADENLOSEN RAUBTIERKAPITALISMUS sitzen und gegen RAUBTIERE, liebe Kolleginnen und Kollegen, erwarte ich mir schlicht HÄRTERE und SCHÄRFERE Formulierungen. Vielen Dank!
 

Ergänzung meinerseits nach einem sehr netten „Bekehrungsversuch“ des grandiosen Moderators Roman Hebenstreit:

Ich meine zum Beispiel, wir fordern im Programm - etwas überspitzt formuliert: "Liebe EU-Kommission, wir bitten euch, doch zukünftig auf weitere Image Liberalisierungsschritte zu verzichten“; aber WAS hindert uns eigentlich daran, klar und eindeutig zu fordern, bereits umgesetzte Liberalisierungen, wie etwa die „Eisenbahnpakete“ ZURÜCKZUNEHMEN! Gerade Ihr von der ÖBB wisst doch, was aus dieser Richtung in den nächsten Monaten und Jahren WIEDER auf Euch zukommen wird.... !  

 

sprachs und BLIEB dann bei meiner ENTHALTUNG...

Norbert Bauer