Die Eigentümervertreter von pro mente Reha wollen die neueintretenden MitarbeiterInnen in einen Dumping-Kollektivvertrag abschieben. Damit drohen Gehaltseinbußen bis zu 36%. Am 27. September starteten Gewerkschaft und Betriebsrat mit einer kämpferischen Kundgebung in Linz den Beginn eines Arbeitskampfes.

Rund 250 MitabeiterInnen von pro mente Reha – immerhin rund die Hälfte der betroffenen KollegInnen  - demonstrierten am Mittwoch, 27. September am Linzer Lonstorfer Platz gegen die geplanten Lohnkürzungen der Eigentümer-Vertreter, die zeitgleich nebenan bei der Generalversammlung tagten. Die Eigentümer von pro mente Reha beabsichtigen, alle ab Anfang November 2017 neueintretenden MitarbeiterInnen in den Kur- und Reha-Kollektivvertrag einzustufen und sich vom Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) abzuwenden. Das würde eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen und Lohneinbußen bis zu 36% bedeuten!

Minus 36% - mit uns nicht!

BetriebsrätInnen und GPA-djp-VertreterInnen machten bei der kämpferischen Kundgebung klar: „Mit uns nicht! Soziale Arbeit ist mehr wert!“ In kurzer Zeit sammelten Gewerkschaft und Betriebsrat über 4.600 Unterschriften gegen diesen Anschlag auf den SWÖ-Kollektivvertrag. Diese Unterstützung zeigt, dass immer mehr Menschen erkennen, dass diese Versuche zur Durchlöcherung von Kollektivverträgen keine Einzelfälle sind, sondern System haben. Darauf wies auch ein oberösterreichischer Betriebsrat aus dem Druckerbereich hin. Dort sind 10.000 KollegInnen derzeit ohne Kollektivvertrag, weil die Arbeitgeberseite sich einseitig aus dem KV zurückgezogen hat.

Österreich ist mit einer Kollektivvertragsabdeckung von rd. 97% im EU-Spitzenfeld. Auf Druck von EU-Kommission und EZB sind in den letzten Jahren in etlichen EU-Staaten – vor allem Griechenland, Spanien, Italien, Portugal - Kollektivverträge massiv geschwächt, teilweise nahezu zertrümmert worden. Derzeit versucht der neue französische Präsident Macron eine Arbeitsmarktreform durchzudrücken, die die Umgehung von Branchenkollektivverträgen durch Betriebsvereinbarungen ermöglichen soll.

Kollektivverträge im EU-Visier

Das zeigt, wie wichtig die Solidarität mit den KollegInnen von pro mente Reha bzw. den Druckerei-ArbeiterInnen für ihre Kollektivverträge ist. Wenn hier Breschen geschlagen werden, kommen bald die nächsten ArbeitnehmerInnen-Gruppen ins Visier. Die Leitlinie hat die EU-Kommission bereits 2012 im „Labour Market Development“-Bericht vorgegeben: Abbau von kollektivvertraglichen Regelungen zugunsten „dezentralisierter“ Lohnfindung mit dem Ziel: „Reduktion der gewerkschaftlichen Verhandlungsmacht“ (1).

Großer Beifall für Streikandrohung

Die RednerInnen ließen bei der Kundgebung keinen Zweifel, dass man erst „am Beginn eines Arbeitskampfes“ stehe und man „sicher auch streiken kann“ (Andreas Stangl, GPA-djp-Geschäftsführer OÖ), wenn die Eigentümervertreter nicht zum Einlenken bereit seien. Der große Beifall der TeilnehmerInnen für diese Ansage verdeutlicht, dass die Beschäftigten zum Streik bereit sind.

Als Solidarwerkstatt werden wir das uns mögliche tun, um diese Arbeitskämpfe zu unterstützen. Denn  – wie es auf einem Transparent stand: „Gute Arbeit hat ihren Preis!“ Und gute Arbeit im Sozial- und Gesundheitsbereich ist für uns alle enorm wichtig.

Nachsatz

Schade war, dass die gewerkschaftlichen Forderungen ausschließlich an die pro mente Reha-Eigentümer gerichtet waren. Pro mente Reha bzw. die pro mente-Vereine in den einzelnen Bundesländern werden zum größten Teil aus öffentlichen Geldern finanziert. Die Flucht in einen Dumping-Kollektivvertrag ist nicht zuletzt der staatlichen Spar- und Sozialabbaupolitik geschuldet. Gute Löhne im öffentlichen Bereich erfordern ein Ende dieser Austeritätspolitik. Dass die Gewerkschaftsvertreter hier einen blinden Fleck haben, ist leider kein Zufall. Die ÖGB-VertreterInnen haben im Nationalrat dem EU-Fiskalpakt zugestimmt, der diese Spardiktate erzwingt. Ohne die Zustimmung der ÖGB´lerInnen im Nationalrat hätte die Regierung damals für diesen neoliberalen EU-Pakt keine Mehrheit gehabt. Das Parteihemd war ihnen – z.B. dem GPA-djp-Chef Katzian – offensichtlich wichtiger als der Gewerkschafsrock. Die fatale „Deckelung“ der Gesundheitsausgaben ist eine unmittelbare Folge des Fiskalpakts. Es geht hier nicht um späte Rechthaberei, es geht darum, dass unsere Kollektivverträge und Arbeitsbedingungen gerade im Sozial- und Gesundheitsbereich maßgeblich davon abhängen werden, dass sich die Gewerkschaft in Zukunft von den Vorgaben der Regierungsparteien emanzipieren kann. Glück auf!
(27.9.2019)

Quelle:
(1) Europäische Kommission: Labour Market Developments in Europe 2012, European Economy Nr. 5/2012, Dezember 2012