
Ein-Spruch
Fällt Ihnen Ein-Spruch zum wiederholten Postraub in Österreich ein, der durch die EU-Postmarktliberalisierung losgetreten worden ist? Uns Betroffenen schon, eigentlich jede Menge, wie Sie in den bisherigen Beiträgen Postraub I bis VIII nachlesen können (sh. www.solidarwerkstatt.at), denn es ist für uns alle mehr als spürbar, es geht die Post ab: Entweder wird die Briefpost durch Personaleinsparung tagelang nicht mehr zugestellt, oder das nächste Postamt ist nicht mehr existent, zugesperrt und das nächstmögliche, noch bestehende, in teilweise ungesetzlicher Entfernung und somit für viele nicht erreichbar. Vom kläglichen Versuch der Postpartner und deren zweifelhaften Angebots, das laut Untersuchung der Arbeiterkammer kein wirkliches ist, haben wir schon ausführlich berichtet.
Auch den Kommunen fällt zum Postraub in Österreich einiges ein, zum Beispiel „Ein-Spruch“. So sichert der § 118 der Österreichischen Bundesverfassung ausdrücklich die Autonomie der Kommunen, unabhängig von äußeren Einflüssen die Daseinsfürsorge auf Gemeindeebene im höchsten Maße zu gewährleisten. Möchte die börsennotierte Post AG wieder einmal ein Postamt schließen, so spricht sich das Postmarktgesetz (PMG) dezidiert für eine Einbindung der betroffenen Gemeinden gemäß §7 Abs. 5 des PMG in das Schließungsverfahren aus. In einem solchen Verfahren kann die öffentliche Hand überprüfen und feststellen lassen, ob die jeweilige Poststelle tatsächlich eine mangelnde Kostendeckung aufweist. Als gelernter Steuerzahler wissen wir alle, alles kann schön oder schlecht gerechnet werden. Die Gemeinde jedoch hat im Interesse einer umfassenden Daseinsfürsorge nicht nur die Kosten im Fokus, sondern auch die Arbeitsplätze im Ort und die Infrastruktur für ein funktionierendes Zusammenleben. Es muss die Gemeinde auch zugezogen werden, um alternative Lösungsmöglichkeiten auszuloten oder gar einen Einspruch dagegen zu erheben. Das eine und andere Postamt konnte somit von der neoliberalen Schließungsorgie ab dem Jahr 2000 gerettet werden. Ab diesen Zeitpunkt wurde die Anzahl der Postämter von 2468 Filialen bis Dezember 2012 auf 555 Postämter reduziert.
Verwaltungsgerichtshof eliminiert kommunale Mitbestimmung
Doch spätestens im Dezember 2012 ist auch das letzte unabhängige Verwaltungsorgan der öffentlichen Hand auf Gleichschritt mit der EU-Liberalisierungspolitik geschaltet worden. Denn im Dezember 2012 hat der Österreichische Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ein Höchsturteil getroffen, das im Sinne des „freien Marktes“ die Mitspracherechte der Gemeinden eliminiert. Den Gemeinden wurde die Parteienstellung der öffentlichen Hand im Verfahren um die beabsichtigte Schließung eines Postamtes entzogen. Schluss und aus für den Einspruch der Gemeinden. Das Prozedere des Zerschlagens der Postinfrastruktur in der Fläche ist den Direktoren und Aktionären zu langwierig und mühselig.
Die Entscheidung des VwGH zeigt sehr deutlich auf, wie auch die Verwaltung und Justiz vom neoliberalen Geist durchdrungen sind und dementsprechend denken und handeln. Profit wird vor flächendeckender Versorgungsinfrastruktur gestellt und sollte ein Rest von Öffentlichkeit dagegen Einspruch erheben, wird sich schon ein Richter finden, um das im Sinne der Eliten zu richten. Mit diesem Kniefall vor der EU und ihren neoliberalen Richtlinien wird der öffentlichen Hand bzw. den betroffenen Gemeinden das Informations- und Einbindungsrecht zur Mitsprache brutal entzogen, ein Einspruch unmöglich gemacht.
Resozialisieren wir die Post!
Wann wird sich die Politik bewusst, dass ein Regieren im Dienste und Interesse der Wähler/Innen zu erfolgen hat, das diametral dem Interesse der Eliten und der EU-Politik entgegensteht. Wir erheben Einspruch in die derzeitige Praxis des freien Marktes der EU, welcher uns nicht eint sondern spaltet. Es muss Schluss sein mit jeglicher Umsetzung von EU-Richtlinien, die den Menschen die Basis für demokratisches und soziales Zusammenleben entwendet. Resozialisieren wir die Post und alles andere, was neoliberale Politik uns geraubt hat!