ImageIm Jahr 2005 brachte die Werkstatt Frieden & Solidarität Strafanzeige gegen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der ÖIAG ein. Anlass war der offensichtliche Verstoß gegen den Privatisierungsauftrag beim Verkauf der VA-Tech an Siemens. Obwohl mittlerweile selbst der Rechnungshof die Vorwürfe der Werkstatt bestätigt hat, hatte die Staatsanwaltschaft darauf nicht einmal reagiert. Wir fordern deshalb die Mitglieder des derzeit tagenden Justizuntersuchungsausschuss auf, die Rolle der Justiz in der Causa VA-Tech-Privatisierung unter die Lupe zu nehmen.



Werkstatt Frieden & Solidarität
Waltherstraße 15, 4020 Linz
Tel. 0732/771094, Fax 0732/797391
An den
Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Abhör- und Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments Martin Bartenstein und dessen parlamentarische Mitglieder

Linz, 11.11.2009

OFFENER BRIEF

Sehr geehrte Damen und Herren,

Wir möchten Sie darauf hinweisen, das die Werkstatt Frieden&Solidarität am 09.02.2005 eine Strafanzeige gemäß § 153 StGB beim  Linzer Landesgericht eingebracht hat. Diese Strafanzeige gegen 2 Vorstände und 10 Aufsichtsratmitglieder der Österreichischen Industrieholding AG (ÖIAG)  wurde aufgrund der Vorgänge und Verhaltensweisen des ÖIAG-Vorstandes bei der Übername des in ÖIAG-Besitz stehenden Aktienpaketes der VA Technologie AG (VA-TECH) an die SIEMENS AG Österreich eingebracht (Strafanzeige siehe http://www.friwe.at/Diverses/OEIAGStrafanzeige.pdf). Bei dieser in der Anlage beiliegenden Strafanzeige wird auf den Sachverhalt des Verstoßes gegen den  Privatisierungsauftrag nach § 7 des ÖIAG-Gesetzes  und besonders auf die für Österreich schädigenden Umstände und Auswirkungen hingewiesen. Aufgrund des großen öffentlichen Interesses und der breiten Medienberichterstattung wird Ihnen dieser Vorgang  noch in Erinnerung sein.

Es ist nicht nur demokratisch legitimiertes Recht sondern auch Pflicht jedes Einzelnen, strafrechtlich relevante Umstände mündlich oder schriftlich den dafür zuständigen Behörden zur Kenntnis  zu bringen.  In diesem Fall berühren die strafrechtlich relevanten Umstände nicht nur privates Interesse, sondern öffentliches Eigentum, mit großer Bedeutung für Beschäftigte und die Gesellschaft insgesamt. Richter und Staatsanwälte sind zu einer Gleichbehandlung aller Anzeigen und Eingaben  dem Gesetz entsprechend verpflichtet. Aufgrund des hohen öffentlichen Interesses in diesem Fall müßte aber doch eine erhöhte Aufmerksamkeit der Justiz angenommen werden. 

Wir waren deshalb sehr verwundert, daß weder die eingeforderte schriftliche Bestätigung noch eine mündliche Mitteilung über den Eingang der Strafanzeige der Werkstatt Frieden&Solidarität bzw. eine Information über die weitere Behandlung erfolgt ist. Für uns bzw. die interessierte Öffentlichkeit stellen sich deshalb folgende Fragen, zu deren Beantwortung wir Sie ersuchen beizutragen.

Handelt es sich um eine Verschleppung der Strafanzeige, so sollte zumindest eine amtliche Eingangsbestätigung auffindbar sein.

Handelt es sich um eine Unterdrückung der Strafanzeige bzw. Dokumentenunterdrückung?

Handelt es sich um eine Unterdrückung der Strafanzeige zur Verhinderung eines Strafprozesses nach § 153 StGB gegen die angezeigten Personen des Vorstandes (und des Aufsichtsrates?)der ÖIAG?

Handelt es sich um eine Unterdrückung der Strafanzeige zur Verhinderung eines Strafprozesses nach § 153 StGB gegen die angezeigten Personen des Vorstandes der ÖIAG aufgrund einer Weisung von höherer Instanz, so wäre das dem Einbringer, der Werkstatt Frieden & Solidarität mitzuteilen.

Handelt es sich um einen Verlust der Strafanzeige in den Gebäuden der Justiz? Die mediale Berichterstattung über diese Strafanzeige erreichte ein Ausmaß, welches  nahelegt, daß auch in diesem Fall das Vorliegen einer Strafanzeige den zuständigen Personen nicht entgangen sein kann. Noch dazu wissen wir, daß auch andere Personen eine Strafanzeige in diesem Sinne eingebracht haben und diese sehr  wohl vom Eingang in Kenntnis gesetzt wurden.

Alle diese offenen Fragen sind geeignet, das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unseres Rechtssystems in Frage zu stellen. Wir ersuchen Sie deshalb im derzeitigen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu prüfen, welche Umstände und Einwirkungen dafür verantwortlich sind, dass auf die Strafanzeige der Werkstatt für Frieden und Solidarität vom 9. Februar 2005 gegen die Mitglieder des Vorstandes bzw. Aufsichtsrates der ÖIAG nach § 153 StGB, weder eine schriftliche Bestätigung über deren Empfang noch  eine Information über die weitere Behandlung dieses Falles übermittelt wurde.

Mit freundlichen Grüßen

f. d. Werkstatt Frieden & Solidarität

Rudolf Schober