Image Denn Schuldenbremse und EU-Budgetdiktate ...

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stürzen viele Menschen in Armut
... verschärfen Wirtschaftskrise und Staatsverschuldung
... sind eine Zukunftsbremse
... ebnet den Weg in die neoliberale Wirtschaftsdiktatur
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sind eine Bedrohung für den Frieden

1  stürzen viele  Menschen in Armut

Das heißt es geht in erster Linie darum, öffentliche Ausgaben zu kürzen, die Sozialausgaben als die mit Abstand größten öffentlichen Ausgabeposten sind dabei besonders im Visier. Die aktuellen Vorschläge, die in der Regierung diskutiert werden, zielen daher auch v.a. auf Kürzung bei Pensionen, Gesundheit, sozialem Wohnbau, usw. ab. Um die österreichische Schuldenbremse von 0,35% des BIP bis 2017 zu erreichen, bräuchte es bis 2017 Einsparungen bzw. Belastungen von zumindest 9 Milliarden Euro (Fekter will sogar 14 Mrd.). Dafür müssten etwa fünf Sparpakete im Umfang des Loipersdorfer Pakets vom Oktober 2010 geschnürt werden. Jede/r Österreicher/in würde so im Durchschnitt über 1.000 Euro an staatlichen Leistungen im Jahr verlieren, bei einem Haushalt mit zwei Kindern sind das 4.000 Euro. Dabei sind die unteren sozialen Schichten ungleich mehr auf öffentliche Leistungen angewiesen sind. Vielen droht damit der Absturz in die Armut. Denn: Ohne Sozialleistungen wären in Österreich 43% statt 12% der Bevölkerung armutsgefährdet.

Dass die Schuldenbremse vorwiegend durch höhere Steuern für Reiche und große Vermögen umgesetzt werden könnte, ist ein gezieltes Ablenkungsmanöver der SP-und ÖGB-Führung, um ihren eigenen Mitgliedern das Einknicken gegenüber dem EU-Diktat besser verkaufen zu können. Zu befürchten ist, dass dabei Kosmetik übrigbleibt, mit der der Sozialabbau bemäntelt wird. Denn vergessen wir nicht: Die Schuldenbremse ist eingebettet in das neoliberale Regelwerk von EU-Binnenmarkt und Währungsunion. Das hat schon bisher zu massivem Steuerdumping vor allem bei Konzernbesteuerung und SpitzenverdienerInnen geführt; in der EU sind zwischen 1995 und 2011 die durchschnittlichen Gewinnsteuersätze für Konzerne um 12,1% und die Spitzensteuersätze für Großverdiener um 10,3% gefallen.

Mit den neuen EU-Diktaten werden zudem die Möglichkeiten des österreichischen Parlaments, eine eigenständige Budget- und Steuerpolitik zu betreiben, drastisch eingeengt, da die EU-Kommission die Haushaltspolitik bereits im vorhinein beeinspruchen bzw. mit Sanktionen bedrohen kann. Die EU-Staaten sollen sich in Zukunft sogar gegenseitig vor den EuGH zerren können, wenn sie einen Verstoß gegen die strikten EU-Budgetregeln argwöhnen. Wichtige wirtschaftspolitische Reformen sollen in Zukunft an die Konsultierung der anderen Euro-Staaten gebunden sein. Schon seit 2011 gilt außerdem ein EU-Gesetz, das die Deckelung der Staatsausgaben unabhängig von Defizitkriterien vorschreibt. Wer von einer sozialen, einnahmenseitigen Budgetkonsolidierung redet, aber keinen Widerstand gegen die EU-Budgetdiktate leistet, meint es nicht ernst.

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Aktion der Solidarwerkstatt gegen Schuldenbremse und EU-Budgetdiktate, 18.12.2011, Linz


2  verschärfen Wirtschaftskrise und Staatsverschuldung

Wenn dem Staat die Möglichkeit genommen wird, in Wirtschaftskrisen gezielt gegenzusteuern, indem die staatlichen Ausgaben auch über wachsende Verschuldung zu Ankurbelung von Konsum und Investitionen gesteigert werden, führt das immer weiter in die Rezession hinein, mit all ihren sozialen und politischen Folgen. Der UNCTAD-Chefökonom verglich die derzeitige deutsche Kanzlerin Merkel aufgrund ihrer rabiaten Sparpolitik bereits mit der Regierung Brüning, die Anfang der 30er Jahre mit einer ähnlich restriktiven Budgetpolitik die Arbeitslosigkeit explodieren ließ und der Machtergreifung der Nationalsozialisten den Weg ebnete.
Wohin diese von der EU oktroyierte Sparpolitik führt, zeigt das Beispiel Griechenland: 2010 schrumpfte die Wirtschaft um 4,5%, bis zum zweiten Jahresdrittel 2011 um weitere 7,5%. Die Arbeitslosigkeit stieg innerhalb eines Jahres von 9,6% auf 16,3%; bei den 15 bis 19Jährigen ist jeder Dritte arbeitslos. Dadurch stieg – trotz heftigster Sparpolitik – die öffentliche Verschuldung sogar noch weiter an, weil die Einnahmen noch stärker eingeknickt sind.

Arbeitslosigkeit lässt die öffentlichen Kassen austrocknen, Vollbeschäftigung dagegen spült Geld in die öffentlichen Kassen. Aus Wirtschaftskrise und Überschuldung kann man sich nicht heraussparen, ohne noch tiefer abzustürzen. Umso schlimmer ist es, wenn nun der ganze Kontinent unter Schuldenbremse und EU-Diktaten gleichzeitig auf diesen fatalen Kurs eingeschworen wird. 2008 konnten massive staatliche Ausgaben den völligen Absturz der Konjunktur noch verhindern, das wird in Zukunft kaum mehr möglich sein.
Der Ausweg aus diesem Teufelskreislauf erfordert höhere Löhne und mehr öffentliche Nachfrage, Umverteilung von oben nach unten, die Wiedereinführung von Kapitalverkehrskontrollen und Handelsregulierungen zum Schutz von Märkten, öffentliche Kontrolle von Banken und Großkonzernen, – also ein Programm, das in diametralem Gegensatz zur neoliberalen Doktrin der EU-Verträge steht.

3 sind eine Zukunftsbremse

Sie bedeuten Sparen bei Investitionen in den Öffentlichen Verkehr, beim Umweltschutz, bei der Bildung und Kindererziehung, also bei Investitionen in die Zukunft. In den österreichischen Gemeinden, die „die Schuldenbremse bereits im Vorjahr gelebt haben“ (Gemeindebund-Chef Mödlhammer), sind die kommunalen Investitionen von 2009 auf 2010 um über 18% nach unten gerasselt; Gelder, die bei kommunalen Dienstleistungen, Erhaltung von Schulen und Kindergärten, Wasserver- und -entsorgung, Kultur- und Freizeitangeboten fehlen. Die Schuldenbremse führt zum Einsparen von öffentlichen Mitteln, die dem sorgsamen Umgang mit Mensch und Umwelt und der Entwicklung unserer intellektuellen und kulturellen Fähigkeiten dienen. Die Schuldenbremse spart auf Kosten zukünftiger Generationen und der Umwelt, sie ist daher in Wirklichkeit eine riesige Verschwendung, die uns und unseren Kindern teuer zu stehen kommt.

4  ebnen den Weg in die neoliberale Wirtschaftsdiktatur

Die Schuldenbremse (insbesondere als Verfassungsbestimmung) führt gemeinsam mit den weitgehenden Vollmachten für die EU-Kommission und den EuGH zur wirtschaftspolitischen Entmündigung der Parlamente. Die EU-Verträge haben bereits die Außenwirtschafts- und Geldpolitik der demokratischen Kontrolle weitestgehend entzogen, nun soll den Parlamenten auch noch das Budgetrecht genommen werden. Jahrhundertelang kämpften die Parlamente um das Budgetrecht, erst im Zuge des 19. Jahrhunderts gelang in vielen europäischen Staaten dieser demokratische Durchbruch. Die neuen EU-Bestimmungen würden die Parlamente faktisch wieder des Rechts berauben, über Staatsaus- und einnahmen demokratisch entscheiden zu können – ein Rückfall ins frühe 19. Jahrhundert!

Wer nicht spurt, wird weggefegt. Wenige Tage nach der Ankündigung einer Volksabstimmung über die EU-Diktate war der griechische Ministerpräsident Geschichte. In Griechenland und Italien installierten EU-Kommission, EZB und deutsche Regierung staatsstreichartig eine neue Regierung mit EU-Technokraten als Regierungschefs, in Griechenland sogar unter der ausdrücklichen Bedingung, die Wahlen auf unbestimmte Zeit auszusetzen. Durch den EU-Staatsstreich wurde – erstmals seit Ende des Obristenregimes - sogar eine neofaschistische und offen antisemitischen Partei in die griechischen Regierungsgeschäfte eingebunden. Bereits 2010 drohte EU-Kommissionspräsident Barroso den Gewerkschaften südeuropäischer Länder mit „Militärdiktaturen“ und einem „Ende der Demokratie, wie wir sie kennen“, wenn der von der EU verordnete Sparkurs nicht akzeptiert würde.

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Aktion der Solidarwerkstatt gegen Schuldenbremse und EU-Budgetdiktate, 18.12.2011, Linz


5 bedrohen den Frieden

Schuldenbremse und EU-Diktate sind kein Programm gegen die Wirtschaftskrise, sondern zur Neugestaltung der globalen Macht- und Herrschaftsverhältnisse. Über ein brutales Hartwährungsregime soll ein starker Euro, der den Dollar als neue Weltwährung ablöst, durchgesetzt werden. Dadurch soll für EU-Konzerne der Zugriff auf die weltweiten Ressourcen und Kapitalanlagen gesichert werden. Gleichzeitig soll über die Senkung der Lohn- und Sozialkosten die Peitsche des Arbeitsmarktes voll entfaltet werden, um – trotz harter Währung – die Exportindustrie durch Senkung der Lohnstückkosten für die Weltmarktschlachten zu stärken.

Kurz gesagt: Am deutschen (Export-un)Wesen soll Europa genesen. Auf dieselbe Weise wie Deutschland seit Einführung der Währungsunion durch permanente Exportüberschüsse niederkonkurriert und nun die anderen europäischen Staaten zur politischen Unterwerfung zwingt, so wollen die EU-Mächtigen offensichtlich auf erweiterter Stufenleiter im globalen Maßstab gegenüber dem Rest der Welt vorgehen. Jeder weiß, dass sich nicht alle über Exportüberschüsse sanieren können, denn die Exportüberschüsse des einen sind die Importüberschüsse des anderen. Das ist kein Programm zur Überwindung der Krise, sondern ihrer Ausweitung zum Weltwirtschaftskrieg. Es ist kein Zufall, dass der wachsende autoritäre Zugriff nach innen Hand in Hand geht mit der zunehmend aggressiveren Außenorientierung der EU-Kommission bzw. der großen EU-Staaten, z.B. bei den WTO-Verhandlungen um neue Freihandelsverträge, bei der Rekolonialisierung Afrikas und des Nahen Ostens, beim Rüstungsexport, dem Aufbau neuer Interventionstruppen, usw. Letztlich droht, wie bereits im 20. Jahrhundert, die kriegerische Konfrontation der Großmächte um die Neuaufteilung der globalen Märkte und Machtsphären.


UMZUG der Solidarwerkstatt
"Volksabstimmung für Selbstbestimmung! Keine Entmündigung - keine EU-Budgetdiktate!"
Sa, 3. März 2012
Treffpunkt: 11 Uhr, Europaplatz (bei Wiener Westbahnhof).
Umzug durch die Mariahilferstraße zum Museumsquartier

ONLINE-Aktion für eine Volksabstimmung über Schuldenbremse und EU-Budgetdiktate unterstützen!

Hintergrundinformationen siehe auch:
Neoliberale EU-Wirtschaftsdiktatur I - Die drohenden EU-Budgetdiktate
Neoliberale EU-Wirtschaftsdiktatur II - Ein Überblick

Weitere interessante Artikel:
Ein Besuch bei den Frankfurtern - Ein Besuch bei der Europäischen Zentralbank am Ende der Ära Trichet, in: Le Monde-Diplomatique, 9.12.2011
Technokraten in Europa. Nichts ist alternativlos. Ein Kommentar von Sandra Ernst Kaiser in: DieStandard, 10. Jänner 2012.