ImageDie Aufspaltung der Lohnverhandlungen in der Metallindustrie stellt einen weiteren Angriff auf flächendeckende Kollektivverträge dar. Die Arbeitgeberseite hat dabei in Brüssel mächtige Verbündete auf ihrer Seite.

Die 6 Unternehmensdachverbände der Metallindustrie haben im Vorfeld der heurigen Kollektivvertragsrunde gemeinsame Kollektivvertragsverhandlungen für die 180.000 Beschäftigten abgelehnt. Der Branchenkollektivvertrag berücksichtige zu wenig die wirtschaftliche Lage in den einzelnen Betrieben. Die Gewerkschaftsführung hatte ursprünglich angekündigt, das nicht hinnehmen zu wollen. Nunmehr werden die Verhandlungen doch in den sechs Fachbereichen getrennt geführt, wenn auch das Ziel eines gemeinsamen Kollektivvertrags aufrecht bleibe, so Pro-Ge-Vorsitzender Rainer Wimmer.

Rückendeckung durch EU-Komission

ImageDie MetallarbeiterInnen haben im Vorjahr ihre Aktionsbereitschaft und Mobilisierungskraft gezeigt und ein Plus von 4,2% durchgesetzt. Ist die Aufkündigung eines gemeinsamen Kollektivvertrages bloß eine Retourkutsche? Die Unternehmensverbände haben für ihre Vorgehensweise starke Verbündete im Hintergrund. Bereits im Rahmen der Lissabonziele der EU wurde die Auflösung von Flächentarifverträgen und eine stärkere Berücksichtigung der Produktivitätsentwicklung und Ertragslage in den einzelnen Betrieben „empfohlen“. Auch im Rahmen des EU-six-pack aus 2011 werden die Tarifverträge thematisiert. Die neoliberalen EU-Technokraten sehen in ihnen ein Hindernis für die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie. Wird ein Land auf Grundlage des EU-Fiskalpakts einem wirtschaftlichen „Anpassungsprogramm“ unterworfen, wird aus der Empfehlung ein Pflichtprogramm. In Griechenland wurden tarifliche Mindestlöhne kriminalisiert. Handelt es sich bei der Aufkündigung eines gemeinsamen Kollektivvertrags für alle Beschäftigen in der Metallindustrie wie beim 27 Mrd. Eur Belastungspaket um vorauseilenden Gehorsam?

Aufbrechen einer sozialpartnerschaftlichen Tradition


Im größten Fachverband, der Maschinen- und Metallwarenindustrie mit 116 000 Beschäftigen wird pro Beschäftigten ein Bruttoproduktionswert von ca. 289.000,- Eur erzielt. In der Fahrzeugindustrie mit 25 000 Beschäftigten erreicht dieser Wert 484.000,- Eur, bei Bergwerken und Stahl mit 16.000 Beschäftigten ca. 500.000,- Eur, damit bestehen hier größere Spielräume gewerkschaftlichen Lohnforderungen nachzugeben. Zudem verfügen letztere Bereiche auf Grund der betrieblichen Struktur und der gewerkschaftlichen Organisierung über eine höhere Mobilisierungskraft. Das Ziel ist offenkundig die Beschäftigten in der Metallindustrie aufzuspalten. Der Großteil der ArbeiterInnen soll von jenen Bereichen abgekoppelt werden, in denen es einen größeren Spielraum für Lohnerhöhungen gibt und in denen sie auch durchgesetzt werden können.

Die Kollektivvertragsrunde der Metaller ist traditionell ein Richtmaß für die Tarifrunden in anderen Branchen. Aus gutem Grund, orientierten sich doch die Metaller dabei neben der Inflationsabgeltung an der Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Produktivität und nicht der Produktivität in der Metallindustrie, die immer bedeutend darüber lag. Wenn nun der gemeinsame Kollektivvertrag für die Metallbranche aufgebrochen wird, wird insgesamt eine abgestimmte gesamtwirtschaftliche Entwicklung von Löhnen und Gehältern angegriffen.

Diese Auseinandersetzung findet vor dem Hintergrund weiter steigender Unternehmensgewinne statt. Der Großteil dieser Gewinne wird jedoch nicht investiert, sondern fließt als Dividenden zurück zu den Aktionären. Laut Arbeiterkammer werden die Dividendenzahlungen der Metallindustrie 2012 auf 1,8 Mrd. Eur steigen. Damit werden 75,8% der Gewinne ausgeschüttet. (Der Standard, 19. 9.2012)