Am 17. April, dem Tag des kleinbäuerlichen Widerstandes, fand in Linz vor dem Landhaus eine lautstarke Kundgebung von ÖBV - Via Campesina statt. Protestiert wurde gegen das EU-Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay.
Mit lautem Kuhglockengeläute machten die Kundgebungsteilnehmer darauf aufmerksam: Es ist hoch an der Zeit, Alarm zu schlagen. Denn die EU-Kommission will dieses Abkommen bis Herbst 2025 ratifizieren lassen. Eigentlich ist es ein „gemischtes Abkommen“, das in jedem EU-Mitgliedsstaat in den Parlamenten eine Mehrheit finden muss, um in Kraft treten zu können. Da jedoch absehbar ist, dass es in einigen Mitgliedsstaaten – Frankreich, Polen, Irland, Österreich – keine Mehrheit findet, will die EU-Kommission einen undemokratischen Verfahrenstrick anwenden: Das Abkommen soll in einen Freihandelsteil und einen allgemein politischen Teil aufgespalten werden. Und der Freihandelsteil soll nach dem Willen der Kommission ausschließlich auf EU-Ebene beschlossen werden. Damit könnte der Widerstand in den nationalen Parlamenten ausgehebelt werden. Dem gilt es mit aller Kraft entgegenzutreten.
Großkonzerne gegen kleine Landwirtschaft
Bei der Kundgebung wiesen VertreterInnen via Via Campesina in Reden darauf hin, dass vor allem die kleinbäuerliche Landwirtschaft durch dieses Freihandelsabkommen noch stärker unter Druck kommen wird. Denn die kleinstrukturierte Landwirtschaft wird dem unfairen Wettbewerb mit den Exporten der Agroindustrie ausgeliefert. Billigrindfleisch, Soja, Zuckerrohr, Agrodiesel usw. aus Lateinamerika überschwemmen den heimischen Markt, hergestellt unter ökologisch und sozial prekären Bedingungen, gefördert durch massiven Pestizideinsatz. Die europäische Agrochemie-Industrie kurbelt den Export von Pestiziden nach Lateinamerika an, die zum Teil in Europa schon verboten sind, die in den Mercosur-Staaten LandarbeiterInnen und Böden vergiften - und über den Lebensmittel- und Futtermittelimport wieder auf unseren Tellern landen. Dadurch wird unsere Gesundheit und Ernährungssouveränität gefährdet.
Ein Vertreter von ATTAC machte daher darauf aufmerksam, dass dieses Freihandelsabkommen nur im Interesse der großen Konzerne ist, während die große Mehrzahl der Verbraucher, ArbeitnehmerInnen und LandwirtInnen zu den Verlierern gehören. Der neoliberale Freihandel ist das Gegenteil eine fairen und solidarischen Kooperation.
Automobilindustrie gegen Mobilitätswende
Ein Vertreter der Initiative Verkehrswende jetzt! machte deutlich, dass vor allem die deutsche Automobilindustrie zu den Hauptlobbyisten dieses Abkommen zählt. Sie verspricht sich den erhöhten Absatz von Verbrennerautos weit über 2035 auf dem lateinamerikanischen Markt und im Gegenzug den billigen Import von Rohstoffen für die Elektromobilität in Europa. E-Cars haben zwar eine bessere Energiebilanz, aber eine katastrophale Umweltbilanz: Ein e-Car verbraucht 6-mal mehr Rohstoffe als ein Verbrennerauto. Diese Rohstoffe, wie Lithium, Kobalt, Kupfer, Mangan usw., werden unter miserablen ökologischen und sozialen Bedingungen in den Mercosur-Staaten abgebaut. Eine Mobilitätswende braucht also nicht nur ein Umrüsten von Verbrenner- auf Elektro-Autos, sie muss vor allem in einer massiven Reduktion des Autoverkehrs zugunsten des öffentlichen Verkehrs und der nachhaltigen Mobilität bestehen. Diese sozial-ökologische Mobilitätswende wird durch die EU-Mercosur-Abkommen torpediert – in Südamerika wie in Europa.
Neokolonialismus gegen Klimaschutz und Menschenrechte
Ein Vertreter von Fridays for Future arbeitete deshalb heraus, welche verheerenden klimapolitischen Folgen dieser Pakt hat – Abbrennen und Abholzen des für Klimaschutz und Artenvielfalt unverzichtbaren Regenwaldes im Amazonas zur Schaffung von Weideflächen und Anbauflächen für landwirtschaftliche Exportgüter, Anwachsen des fossilen Transports zwischen den Kontinenten, Zerstörung klimafreundlicher regionaler Wirtschaftskreisläufe.
Eine Vertreterin von Frauen für den Frieden OÖ betonte schließlich den neokolonialen Charakter dieses Freihandelsabkommen. Armut und Arbeitslosigkeit nehmen insbesondere in den Mercosur-Staaten zu, 400.000 Arbeitsplätze sollen allein in Brasilien vernichtet werden. Sinkende Zolleinnahmen reduzieren die Möglichkeit, öffentliche Ausgaben für Soziales und Infrastruktur zu finanzieren. Dieser Prozess geht besonders zu Lasten der Frauen. Die Zunahme von sozialer Ungleichheit und Menschenrechtsverletzungen steigert die Gefahr von Militarisierung, Gewalt und Bürgerkriegen.
Aktionswoche in Juni
Die österreichische Regierung will offensichtlich ihr Nein zu diesem Abkommen aufgeben. Das dürfen wir nicht zulassen! Die Protestkundgebung am 17. April war der Auftakt einer Protestkampagne, für Juni wird eine Aktionswoche vorbereitet. In Linz findet ein nächstes Aktionstreffen am Di, 6. Mai statt, um16 Uhr, Veranstaltungsraum Waltherstraße 15, 4020 Linz. Mach mit!
(April 2025)