Oh du dickes EiDie EU-Sparpolitik hat die Arbeitslosigkeit in die Höhe getrieben und die öffentlichen Haushalte, insbesondere der Gemeinden, ausgehungert. Mit dem 315 Milliarden Investitionspaket legt EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker nun den öffentlichen Haushalten ein besonderes Kuckucksei: Die Finanznot soll zum Treibriemen für Privatisierung und Entmündigung durch die Hintertür werden.

Der jahrelange EU-Spardruck hat die öffentlichen Haushalte ausgehungert, insbesondere die Gemeinden, die den Großteil der öffentlichen Investitionen tätigen, sind davon besonders betroffen. Zwischen 1994 und 2011 sank der Anteil der Gemeindeinvestitionen von 1,42% auf 0,5%, also um fast ein Drittel. Dieser Sparkurs wird in Form des „innerösterreichischen Stabilitätspakts“ fortgeführt und verschärft. So sind die Gemeinden ab 2016 sogar verpflichtet, Überschüsse zu erwirtschaften. Die Auswirkungen dieser Sparpolitik sind fatal: Die Arbeitslosigkeit steigt, Infrastrukturen verfallen. An diesen Sparvorgaben will die EU-Kommission auch keineswegs rütteln. Um trotzdem Geld für Investitionen zu mobilisieren, legt Kommissionspräsident Juncker den Gemeinden ein besonderes Kuckucksei: Über ein „Europäisches Investitionspaket“ sollen bis 2017 315 Milliarden für öffentliche Investitionen zur Verfügung stehen. Das Geld für diese Investitionen soll aber nicht über zusätzliche öffentliche Mittel, sondern weitgehend über eine neoliberale Finanzierungsform aufgebracht werden, welche wir unter dem Kürzel PPP (Public-Private-Partnership) kennen. Private Investoren finanzieren, bauen, errichten, stellen zur Verfügung; die Öffentliche Hand mietet, least, benützt. Bezahlt wird es von der Öffentlichkeit langfristig mit einem entsprechenden Aufschlag für Profite, die die Investoren sehen wollen. Diese sind ja keine Daseinsfürsorger, sondern alleinig ihren Aktionären verantwortlich.

„Sicher teurer“

Alle Gemeinden, so auch die größte in Österreich, die die meisten öffentlichen Investitionen tätigt, die Stadt Wien, fürchten, dass damit erhebliche Probleme auf alle Gemeinden zukommen. Die Wiener Finanzstadträtin Margarete Brauner sieht bei weiterer Austrocknung der öffentlichen Haushalte diese PPP-Modelle als Plan B in der Wiener Investitionspolitik. Auch sie kritisiert, dass diese PPP-Modelle langfristig “sicher teurer sind“. Denn: „Wir müssen das Geld ja zurückzahlen. Und Private haben sicher eine Gewinnspanne“ (Der Standard, 06.11.2014).
In Österreich wird dieses PPP-Investitionsfeld ohnehin seit geraumer Zeit heftig beackert. Finanzdienstleister wie Raiffeisen und Raiffeisen Leasing, Baukonzerne wie PORR, Rundumanbieter wie Siemens und Spezialisten wie Saubermacher stellen ihre gut bezahlten Dienste den finanziell ausgehungerten Gemeinden eigennützig zu Verfügung. Sie haben den Widerspruch zwischen gemeinnütziger öffentlicher Daseinsfürsorge und dem politischen Willen zur neoliberalen freien Marktwirtschaft erkannt und nutzen diesen ausgiebig (5).

Diese Anbieter von PPP-Modellen bei Investitionen im Öffentlichen Bereich werden sich über Junckers „Investitionspaket“ freuen, wohl wissend, dass damit der öffentliche Schuldenberg unnötigerweise größer wird, die Gemeinden politisch entmündigt, kaufmännisch ruiniert werden und die Tür für weitere Privatisierung aufgestoßen wird.

Was die 2.356 österreichischen Gemeinden bisher aus eigener Kraft an Investitionen und Sanierungen bewerkstelligen, ist in jedem Fall steuerschonender als wenn Profitmargen privater Konzerne und der Dividendenhunger ihrer Aktionäre zu bedienen sind.

Die Methode des Kuckucks besteht bekanntlich darin, dass er seine Eier in das Netz anderer Vögel legt, welche dieses unerkannt mit ausbrüten, da sie es als ihres ansehen. Da der Kuckuck ein relativ großer Vogel ist, drängt dieser nach dem Schlüpfen die anderen Nestbewohner langsam aber sicher aus dem Nest, nur der Kuckuck wird fleißig gefüttert, bleibt bis zum Abfliegen alleine im Nest, der Rest stirbt. Mit diesem Kuckucksei will sich Junker als Retter öffentlicher Investitionen präsentieren. In Wahrheit wird damit langfristig das Grab der öffentlichen Daseinsfürsorge und der Gemeinden geschaufelt. Wenn wir uns aus dieser Sackgasse befreien wollen, muss es mit solchen PPP-Modellen und mit solcher EU-Politik ein Ende haben. Den Anfang eines solchen Endes ist mit dem Austritt aus diesem neoliberalen Gefängnis zu machen.

Rudi Schober
3. März 2015



ImageRadioaktives Kuckucksei

Junckers 315 Milliarden Investitionspaket ist nicht nur ein Kuckucksei für die finanzielle Nachhaltigkeit der öffentlichen Haushalte und Infrastrukturen. Es ist auch ein radioaktiv verstrahltes Kuckucksei. Denn es zeichnet sich ab, dass mit diesen Geldern enorme Summen für den Ausbau der Atomenergie aufgestellt werden sollen. Polen hat im Rahmen dieses EU-Investitionspakets 12 Milliarden und Großbritannien gar 62 Milliarden Euro für den Ausbau seiner Nuklearenergie eingereicht. Das dürfte ganz nach dem Geschmack der EU-Kommission sein. Bereits im Vorjahr hat sie grünes Licht für die staatliche Subventionierung des britischen Atomkraftwerks Hinkley Point C gegeben.