Image ÖGB-Präsident Erich Foglar fordert, man müsse sich „aus dem Würgegriff" des europäischen Stabilitätspakts befreien“ (Standard, 15.10.2014). Da hat der Mann ebenso recht, wie sein politisches Erinnerungsvermögen kurz ist.


Die EU-Kommission übt über den durch den Fiskalpakt verschärften Stabilitätspakt wieder einmal Druck auf Österreich aus, bei den öffentlichen Ausgaben zu kürzen. Eine Rekordarbeitslosigkeit von bald einer halben Million Menschen lassen die Technokraten in Brüssel kalt, Hauptsache man kann noch ein paar Zehntel beim Defizit runterfahren. Sonst – auch das ermöglicht der Fiskalpakt – könnten bald Strafzahlungen ins Haus stehen. ÖGB-Präsident Erich Foglar empört sich und fordert, man müsse sich „aus dem Würgegriff" des europäischen Stabilitätspakts befreien“ (Standard, 15.10.2014). 

Da hat der Mann ebenso recht, wie sein politisches Erinnerungsvermögen kurz ist. Foglar trägt nämlich gehörig Mitverantwortung dafür, dass der Fiskalpakt, der dem Stabilitätspakt diese giftigen Zähne verliehen hat, überhaupt beschlossen werden konnte. Die Regierungsmehrheit für den Fiskalpakt war nämlich knapp. Die 18 Abgeordneten, die aus dem ÖGB kommen, hätten 2012 gereicht, um den Fiskalpakt zu Fall zu bringen. Das wäre denkbar gewesen, denn der Fiskalpakt war innergewerkschaftlich herzlich unbeliebt. In dieser zugespitzten Situation ist ÖGB-Präsident Foglar im Sommer 2012 Kanzler Faymann zur Seite gesprungen und hat unmittelbar vor der Abstimmung aufgerufen, für den Fiskalpakt zu stimmen. ÖGB-Präsident Foglar befindet sich also im eigenen Würgegriff.

Der EU-Fiskalpakt enthält keine Kündigungsklausel und wirkt somit „bindend und ewig“, wie die deutsche Kanzlerin Merkel einmal süffisant anmerkte. Foglars Glück ist, dass er trotzdem nicht „bindend und ewig“ im eigenen Würgegriff verharren muss, denn das Parlament hatte 2012 gar nicht die Befugnis, die eigene Entmündigung in Budgetfragen zu beschließen. Solche grundlegenden Fragen kann laut Verfassung nur die Bevölkerung in einer Volksabstimmung entscheiden. Aber genau diese Volksabstimmung ist den Menschen in Österreich verweigert worden. Dieser Vertrag ist also nicht „bindend und ewig“, sondern schlicht und einfach „null und nichtig“. Es liegt an den sozialen Bewegungen, nicht zuletzt den Gewerkschaften, wieder einen verfassungskonformen Zustand herzustellen, den Vertrag zurück an den Absender nach Brüssel zu schicken – und den armen Mann endlich aus seinem eigenen Würgegriff zu erlösen.

7.11.2014