ImageDas größte Belastungspaket der österreichischen Nachkriegsgeschichte rollt auf uns zu. Hintergrund und Auslöser dafür ist der neue EU-Fiskalpakt. Die deutsche Kanzlerin Merkel hat die EU-Staaten bereits angewiesen, die restriktiven Budgetvorgaben „auf ewig“ in den nationalen Gesetzen zu verankern. Der Kampf gegen Sozialabbau und den EU-Fiskalvertrag können nicht voneinander getrennt werden. Eine breite Bewegung ist notwendig, um diesen Entmündigungsvertrag durch einen Volksabstimmung zu verhindern.   


Die Regierung schnürt derzeit das größte Belastungspaket der österreichischen Nachkriegsgeschichte. Aufsummiert sollen es bis 2017 rd. 27 Milliarden sein, die großteils über die Kürzungen von öffentlichen Ausgaben den Menschen genommen werden. Pro Jahr sollen fast 2 Milliarden zusätzlich gekürzt werden, 2017 sollen die staatlichen Ausgaben also knapp 10 Milliarden unter dem jetzigen Niveau liegen. Damit kommt das schwarz-rot Belastungspaket schon ganz nahe an das Kahlschlagspaket der Strache-FPÖ heran, das dieses im Jahr 2009 in den Nationalrat eingebracht hatte und eine Senkung um 12 Milliarden Euro forderte. Dieser Antrag der Rechtsextremen war damals noch vernünftigerweise von den anderen Parteien im Nationalrat abgeschmettert worden, nicht ohne mit Häme darauf zu verweisen, welche katastrophalen Folgen ein derartiges Sparprogramm insbesondere für die ärmeren Bevölkerungsschichten und für wichtige Zukunftsinvestitionen haben würde. Warum folgt heute die schwarz-rote Koalition so artig den blauen Vorgaben von 2009? Die offiziellen Begründungen von wegen explodierender Staatsverschuldung können wir getrost wieder vergessen. Zum einen explodiert in Österreich weder das öffentliche Defizit noch die Staatsschuld, zum anderen ist der Anstieg von Defizit und Verschuldung maßgeblich auf die Wirtschaftskrise zurückzuführen, die aber gerade durch den geplanten Sparkurs weiter angeheizt wird. In Griechenland sind die Staatsschulden AUFGRUND des rigiden Sparkurses weiter angestiegen, der die Konjunktur vollkommen einknicken ließ und die Arbeitslosigkeit verdoppelte.


EU-Fiskalpakt legt Axt an den Sozialstaat

Der Grund für das Hinterherhecheln von rot-schwarz hinter dem rechtsextremen Kahlschlagkurs von 2009 ist ein politischer: Die EU-Kommission und die deutsche Regierung wollen es – und die anderen EU-Staatsoberhäupter, darunter Faymann, ließen sich im Dezember bei einem EU-Gipfel bereitwillig darauf einschwören. Anfang voriger Woche nickte der EU-Gipfel den Entwurf eines neuen EU-Fiskalvertrags bereits weitgehend ab; an Details wird noch gefeilt, Anfang März soll er auf EU-Ebene beschlossen und im Gefolge dann in den nationalen Parlamente durchgewunken werde. Das heißt: Das größte Belastungspaket der 2. Republik soll es wegen eines EU-Vertrages geben, der noch nicht einmal beschlossen ist. Die Regierung legt die Axt an den Sozialstaat, insbesondere bei Pensionen und Gesundheit, weil sie sich mit Haut und Haar einem über die EU oktroyierten neoliberalem Wirtschaftsregime unterordnet, das sein Heil im gnadenlosen Kampf um die Exportmärkte sieht, also im globalen Wirtschaftskrieg, der – wir kennen die Erfahrungen des 20. Jahrhunderts – rasch in militärische Konflikte umschlagen kann.


Der geplante EU-Fiskalpakt ist ein Sozialabbau-Vertrag, der den Sozialstaat dauerhaft demontieren soll. Die Ansage des EU-„Sozialkommissars“ Laszlo Andor, das Ziel solle die „Rente ab 72“ in den EU-Staaten sein, zeigt, wofür dieser EU-Vertrag die Weichen legt. Der geplante EU-Fiskalpakt ist ein Entmündigungsvertrag. Mit ihm soll den demokratisch gewählten Parlamenten faktisch das Budgetrecht entzogen werden:

- durch Selbstentmündigung in Form einer sog. „Schuldenbremse“, die rigide Vorgaben hinsichtlich Defizit, Verschuldung und allgemeiner Ausgabenhöhe festschreibt, und zwar „auf ewig“, wie uns die deutsche Kanzlerin Merkel über die Medien mitteilt. Die Kriterien sind nicht nur rigide (z.B. maximal 0,5% „strukturelles“ Defizit am BIP), sie sind auch ausgesprochen willkürlich bestimmbar, sodass die Macht desjenigen, der darüber entscheidet – im wesentlichen die EU-Kommission – enorm steigt.

- über das permanente Einmischungsrecht der EU-Kommission in die Ausarbeitung des Budgets noch bevor ein Parlamentarier es zu Gesicht bekommt.

- über das Recht aller Euro-Staaten bzw. der EU-Kommission sog. „Defizitsünder“ vor den EUGH zu zerren, dessen Entscheidung bindend sein soll.

- Über das Recht für EU-Kommission und EUGH, hohe Geldstrafen zu verhängen und Länder, dem sie einen Verstoß vorwerfen, nach dem „Vorbild“ Griechenlands vollkommen zu entmündigen

- über die Verpflichtung alle „wichtigen wirtschaftspolitischen Reformen“ vorher mit den Staatsoberhäuptern der anderen EU-Staaten abzustimmen; sozialpolitische Vorreiter können damit, sollten auch noch so viele Menschen das in dem betreffenden Land wollen, schon im Ansatz abgefangen und vergattert werden.


Neoliberalismus und Rechtsextremismus Hand in Hand

 

Mit zunehmend autoritärer Gewalt soll der Kontinent über die EU auf ein aggressives neoliberales Exportregime unter deutscher Führung eingeschworen werden. Deshalb sollen ab jetzt Jahr für Jahr Einschnitte in die soziale Sicherheit erfolgen und jeder Widerstand dagegen gebrochen werden. Deshalb sollen die gewählten Parlamente in der Gestaltung der Wirtschaftspolitik eliminiert werden – und an ihrer Stelle Kommissare, EuGH-Richter (und deutsche Kanzler) die Staatsfinanzen dirigieren. Wo die demokratische Gestaltung der Wirtschaftspolitik verloren geht, geht sie freilich auch rasch in anderen Bereich verloren. Deshalb wird derzeit an allen Ecken und Enden am Ausbau des Überwachungsstaates gearbeitet („Anti-Terror“-Gesetze, Vorratsdatenspeicherung, ACTA) und (para-)militärische Einheiten von EU-Battlegroups bis zur Europäischen Gendarmerietruppe (EGFOR) aufgestellt, die auch zur Niederschlagung von sozialen Aufständen im Inneren Gewehr bei Fuß stehen.

Der Aufstieg rechtsextremer Gruppen im neoliberalen EU-Europa fällt nicht vom Himmel. In der Opposition dienen sie dazu, den sozialen Protest rassistisch zu kanalisieren. In der Regierung dienen sie dazu, den autoritären Staat weiter auszubauen. Das zeigt das Beispiel Griechenland deutlich: Im Vorjahr eliminierte die EU bzw. „Mercozy“ staatsstreichartig die griechische Regierung, nachdem diese eine Volksabstimmung über die Sparpakete auch nur anzudenken wagte. In das neue Regierungsboot des EU-Technokraten Papdemos wurde auch die LAOS-Partei geholt, eine neofaschistische und offen antisemitische Partei, die sich positiv auf die Obristendiktatur in Griechenland von 1967 bis 1974 bezieht. EU-Kommissar Barroso hatte bereits 2010 die Gewerkschaften südeuropäischer Länder gewarnt, dass ihre Länder „in der Art wie wir sie als Demokratien kennen, verschwinden könnten, wenn sie nicht die Sparpakete ausführen.“


Die Solidarwerkstatt tritt deshalb für den Austritt Österreichs aus der EU ein. Wir rufen aber auch alle Kräfte, die noch an eine soziale und demokratische Reformierbarkeit der EU glauben, auf: Wir müssen jetzt gemeinsam diesen EU-Vertrag verhindern und eine Volksabstimmung darüber durchsetzen – eine Volksabstimmung zur Verteidigung von Selbstbestimmung und Sozialstaat. Das auf uns zurollende Belastungspaket kann nicht von dem geplanten EU-Fiskalvertrag getrennt werden. Sollte es nicht gelingen, diesen Vertrag zu verhindern, werden die Vorstellungen einer „anderen“, einer „sozialen“, einer „demokratischen EU“ nur mehr lächerliche Briefe an den Weihnachtsmann sein.

Die Solidar-Werkstatt lädt ein zum Umzug durch die Mariahilferstraße 
unter der Motto
VOLKSABSTIMMUNG FÜR SELBSTBESTIMMUNG!
Keine Entmündigung - Kein EU-Budgetdiktat!
Samstag, 3. März 2012
Treffpunkt: Europaplatz (beim Westbahnhof, Wien), Zug durch die Mariahilfer-Straße bis zum Museumsquartier

Im Anschluss daran findet ab 13.30 Uhr im Amerlinghaus ein Plenum der Solidarwerkstatt statt, um über weitere Aktionen gegen EU-Fiskalpakt und Schuldenbremse zu beraten
Weitere Informationen siehe hier

Bitte weiterhin unterstützen:
Online-Aktion für einen Volksabstimmung über Schuldenbremse und neue EU-Budgetdiktate