Bei CETA, JEFTA und weiteren EU-Freihandelsabkommen sind sog. „Ausschüsse“ eingerichtet worden, die eine demokratiepolitische Zeitbombe sind. Denn in diesen „Ausschüssen“ kann die Spitzenbürokratie – für die EU ist das die EU-Kommission –neues Recht diktieren, z.B. die Ausweitung der Liberalisierungspflichten. Ein ungeheuerlicher Angriff auf die Demokratie, der erst jetzt, nachdem CETA und JEFTA durchgepeitscht wurden, nach und nach an die Öffentlichkeit dringt. Auch in den neuen EU-Freihandelsabkommen mit Singapur und Vietnam sollen solche "Ausschüsse" eingerichtet werden.

 

Erst vor wenigen Jahren wurden die Freihandelsabkommen TTIP und CETA in vielen Medien, von fast allen NGOs, sogar von einzelnen Parteien zu Recht heftig kritisiert und weite Teile der Bevölkerung in Österreich und anderswo informierten sich, ließen sich motivieren und protestierten dagegen sehr, sehr engagiert. Nun ist es leider schon länger besorgniserregend ruhig um den Themenkomplex Freihandel geworden. Weil halt jetzt gerade Klimawandel angesagt ist? Weil Politiker einfach zu dem Zeitpunkt „umgefallen“ sind, an dem sie CETA ernsthaft verhindern hätten können? Weil wir uns in einer kurzlebigen Zeit befinden und jeder genug persönliche Alltagssorgen hat? ... Ich weiß es nicht... Ganz sicher aber weiß ich, dass die diversen Handelsabkommen, die beschlossen, oder „auf Schiene“ sind, mit Japan (JEFTA),Singapur (EUSFTA), Vietnam (EUVFTA), Afrika, der Karibik und dem Südpazifik (EPA), dem “Gemeinsamer Markt Südamerikas”, der die Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay umfasst (MERCOSUR) ... aktueller, gefährlicher und einschneidender in die demokratischen Bürgerrechte und für den Umweltschutz sind, denn je!

Demokratiepolitische Zeitbombe

Weitgehend von der Öffentlichkeit unbemerkt wurden da nämlich wesentliche zukünftige Entscheidungen für Vertragsänder- und Erweiterungen nun vorbei am EU-Parlament und an den nationalen Parlamenten mittels „Ausschüssen“ vorsorglich installiert. Das heißt: Bei CETA, JEFTA, EUSFTA, EUVFTA & Co wurden „Ausschüsse“ eingerichtet, die die Macht haben, diese Verträge nicht nur auszulegen sondern sogar inhaltlich auszuweiten („Living agreement“). Das ist eine demokratiepolitische Zeitbombe. Denn damit kann die Spitzenbürokratie – für die EU sitzt die EU-Kommission in diesen „Ausschüssen“ - selbst neues Recht diktieren – ohne dass die Parlament dazu irgendetwas zu sagen haben. Außer bei CETA (für sehr wenige Bereiche) sind die EU-Mitgliedsstaaten da einfach keine „Vertragsparteien“ mehr, und somit logischerweise nicht in den Ausschüssen vertreten. Ihre einzige Rolle ist, im EU-Rat einen „Gemeinsamen Standpunkt“ zu formulieren, den die Kommissionsvertreter in den Ausschüssen vertreten müssen. Es gibt kein „Einstimmigkeitsprinzip“ dabei, also können einzelne kritische Länder schnell einmal überstimmt werden, zum anderen gibt es keine Garantie dafür, dass die Ausschüsse sich daran halten.

Praktisch bedeutet das, dass der EU-Handelskommissar mit den Handels- und Industrieministern der jeweiligen Staaten auf intransparente Weise weitreichende Änderungen des ursprünglichen Freihandelsabkommen festschreiben kann. Lobbyisten bleiben unbenannt und in vielen Fällen auch die Ausschussbeschlüsse selbst. Es kann da schnell um Liberalisierung des Wasserrechts, Dienstleistungen etc. gehen! Möchte dann ein EU-Staat gewisse Gesetze bezüglich ArbeitnehmerInnen-, Umweltschutz,… ändern oder neu beschließen, droht ihm nicht mehr nur eine Klage seitens des Freihandelspartners vor einem „Schiedsgericht“, sondern es kann auch die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH anstrengen...

Volksabstimmung über Freihandelsverträge

Ich weiß schon, Österreich ist ein „Exportland“… deshalb ist die Partei, die im Herbst mutmaßlich den Wahlsieg davonträgt (logo, stark beeinflusst von „Lobbyisten“…), sehr unkritisch gegenüber sämtlichen oben genannter Freihandelsabkommen… Umso mehr sind wir, die „normale Zivilbevölkerung“, gefordert und müssen uns (selbst wenn wir „irgendwie müde“ sind), ähnlich wie gegen TTIP, CETA  engagierter denn je zusammenschließen und ein kräftiges Zeichen setzen! Auch und gerade bezüglich Klimawandel und Umweltschutz! Ich sehe momentan die einzige wirkmächtige politische Möglichkeit, gegen derartige, ablehnenswerte Vorgänge einzutreten, in einer Forderung von einer verbindlichen Volksabstimmung in Österreich bezüglich jeglicher Freihandelsverträge ob auf der Straße und/oder mittels Petitionen, Mails etc. an sämtliche österreichischen PolitikerInnen…

Susanne Müller
(August 2019)

Volksabstimmung CETA 1

Quellen:

https://www.heise.de/tp/features/Weniger-Demokratie-wagen-4485175.html

https://www.anwalt.org/ceta/#CETA-Ausschuss

https://www.juwiss.de/66-2019/

https://www.dw.com/de/aktionsb%C3%BCndnis-klagt-in-karlsruhe-gegen-eu-handelsabkommen-mit-singapur/a-48759773