ImageBundeskanzler Faymann und Finanzministerin Fekter haben seit mindestens sechs Wochen die Vorgaben der EU-Kommission zur Exekution des Fiskalpakts in ihrer Schublade – und halten das vor Bevölkerung und Parlament geheim. Die Forderung nach Volksabstimmung wird durch diese skandalöse Geheimniskrämerei umso dringender.

Wie dem Handelsblatt vom 23. Mai 2012 zu entnehmen ist, haben die Regierungen der EU-Staaten bereits seit mindestens sechs Wochen ein Papier der EU-Kommission auf dem Tisch liegen, in dem konkrete Vorgaben gemacht werden, wie die EU-Staaten den EU-Fiskalpakt durch entsprechende Verfassungsänderungen umzusetzen haben. Der Fiskalpakt räumt bekanntlich der EU-Kommission eine Blankovollmacht ein, die Regeln festzulegen, wie die sog. „Schuldenbremse“ und die dazu gehörige Finanzplanung im jeweils nationalen Recht verankert werden muss. Im Zentrum steht dabei ein „automatischer Korrekturmechanismus“, der die Entscheidungsmacht des Parlaments im Falle eines sog. „übermäßigen Defizits“ ausschaltet. Die Entscheidung darüber, ob ein solches „übermäßige Defizits“ vorliegt, trifft wiederum weitgehend die EU-Kommission. Sie verfügt dabei über großen Ermessensspielraum, denn wie man das sog. „strukturellen Defizits“ misst, „ist äußerst dubios, zum Teil willkürlich“ (Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister); die Definitionsmacht liegt bei den neoliberalen Technokraten der EU-Kommission. Und man sieht bereits anhand von Spanien, dass diese das Kriterien des "strukturellen Defizits" so auslegen, dass selbst trotz Wirtschaftsdepression und Rekordarbeitslosigkeit weiter die Axt an die öffentlichen Ausgaben und den Sozialstaat gelegt werden muss. Sollte zudem die EU-Kommission oder ein EU-Staat mit der rechtlichen Umsetzung der Kommissions-Vorgaben nicht zufrieden sein, kann das betreffende Land beim EUGH verklagt werden, dessen Rechtsspruch bindend ist und mit hohen Geldstrafen exekutiert werden kann (im Falle Österreichs: 150 Millionen Euro).

Dass Faymann und Fekter dieses Papier der EU-Kommission der österreichischen Bevölkerung und dem Nationalrat verschweigen ist ein Skandal. Wäre die Regierung nicht durch vielfältige Proteste gezwungen gewesen, die für Mitte Mai bereits fix geplante Ratifizierung des Fiskalpakts zu verschieben, wären sogar die Abgeordneten der Regierungsparteien an der Nase herumgeführt worden. Nachdem sie als Stimmvieh der Regierung den Pakt abgesegnet hätten, hätte ihnen Faymann und Fekter auf den Tisch geknallt, wozu sie gerade grünes Licht gegeben haben.

Die Solidar-Werkstatt betont daher: „Die Forderung nach Durchführung einer Volksabstimmung über den EU-Fiskalpakt wird angesichts dieser skandalösen Geheimniskrämerei umso dringender. Die Bevölkerung hat das Recht, alle Konsequenzen dieses Vertrages zu erfahren und sie hat das Recht, selbst darüber zu entscheiden, ob sie das will oder nicht. Die Entmündigung des gewählten Parlaments im Fundamentalrecht der Budgeterstellung wäre einer der größten Verfassungseinschnitte seit 1945. Veränderungen von Bausteinen der österreichischen Verfassung müssen zwingend einer Volksabstimmung unterworfen werden. Wenn die Regierung das verweigert, begeht sie Verfassungsbruch, die Ratifizierung wäre illegal!“