Am 1.3.2024 ratifizierte das EU-Parlament das erweiterte Handels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und Chile. Es zeigt einmal mehr: Während in Sonntagsreden der Klimaschutz betont wird, wird unter der Woche fleißig an der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen gearbeitet.


Im Norden Chiles, in der Atacamawüste, lagert ein wertvoller Rohstoff: Lithium. Lithium ist unter anderem als Bestandteil von Akkus unentbehrlich für E-Auto, seine Nachfrage ist explodiert. Doch Lithium verbraucht enorm viel Wasser: Um eine Tonne Lithium zu produzieren, benötigt man etwas 900.000 Liter Wasser – und das in einer der trockensten Regionen der Erde. Um möglichst billig an Lithium und andere Rohstoffe wie Kupfer zu kommen, schloss die EU-Kommission im Jahr 2005 ein Handelsabkommen mit Chile und verhandelt seither über ein aktualisiertes Abkommen, das jetzt im EU-Parlament verabschiedet wurde.

Im Kapitel „Energie und Rohstoffe“ erhält die EU als privilegierter Handelspartner erweiterte Möglichkeiten zur Rohstoffausbeutung. So dürfen Rohstoffe weder an inländische noch an ausländische Abnehmer günstiger abgegeben werden als an die EU.  Im Agrarsektor schafft das Abkommen alle Zölle außer diejenigen auf Zucker ab. Die Agrarproduktion soll also für den Export ausgerichtet werden. Dabei ist die Anbaufläche für landwirtschaftliche Produkte in Chile in den letzten Jahrzehnten deutlich gesunken, kleine Produzenten wurden verdrängt, die lokale Lebensmittelversorgung ist gefährdet.

EU-Kommission hat in dem Handelsabkommen verankert, dass ausländische Investoren Staaten vor Sondergerichten verklagen dürfen. So könnten Investoren voraussichtlich entgangene Gewinne einklagen. Das birgt für finanziell schwächere Staaten wie Chile ein erhebliches Risiko und kann dazu führen, dass schon Klageandrohungen notwendige Regulierungen zum Schutz von Mensch und Umwelt verhindern. Während die Handelskapitel mit Sanktionen bewehrt sind, werden die Abschnitte zu Menschenrechten und Naturschutz als bloße Absichtserklärungen deklariert.

Das EU-Chile-Freihandelsabkommen setzt eine Reihe von neokolonialen Abkommen fort, deren Ziel es nicht zuletzt ist, die Automobilindustrie einen zweiten Frühling zu verschaffen, statt eine klimafreundliche Verkehrswende durchzusetzen.

(März 2024)