Vom Freihandelspakt zwischen der EU und den Ländern des Mercosur profitieren nur die Großkonzerne (Auto- Agro- und Pestizidkonzerne), während KleinbäuerInnen, Indigene und Umwelt auf der Strecke bleiben. 

1. Der Regenwald brennt für den Export

Der Regenwald im Amazonas umfasst mehr als die Hälfte des verbliebenen tropischen Regenwaldes und weist in der Summe die größte Biodiversität aller tropischen Wälder auf. Er gilt als die „grüne Lunge“ der Welt, die über die Verdunstung von Wasser zur Stabilisierung des Erdklimas beiträgt. Der Regenwald speichert eine Menge Kohlenstoff, die dem weltweiten CO2-Ausstoß von 15 bis 20 Jahren entspricht. Doch dieser Regenwald ist in Gefahr: 20 Prozent sind bereits unwiderruflich zerstört, 45 Prozent in unterschiedlichen Stufen der Degradation. Nur rund ein Drittel ist noch intakt. Wir müssen alles tun, um den Regenwald zu retten, um ein unwiderrufliches „Kippen“ des Klimas zu verhindern. Doch das EU-Mercosur-Abkommen heizt dem Regenwald im wahrsten Sinne des Wortes ein. Denn durch Zollsenkungen, Verbot von Exportsteuern und zusätzliche Quoten soll der Export landwirtschaftlicher Güter gesteigert werden. Die Agroindustrie brennt riesige Flächen Regenwald nieder, um Weideflächen für Rinderherden und Anbauflächen für Soja, Zuckerrohr und Bioethanol (Agrodiesel) für den Export zu schaffen.

Schon jetzt trägt die EU maßgeblich zur Vernichtung des Regenwaldes bei. Die Sojaanbaufläche im Mercosur, die für Exporte in die EU belegt wird, beläuft sich auf circa 13 Millionen Hektar – ein Drittel der Fläche Deutschlands, nur 13 Prozent der EU-Sojaimporte gelten als entwaldungsfrei. Durch das EU-Mercosur-Abkommen erhalten die Mercosur-Staaten zusätzliche zollbegünstigte Quoten für Fleisch, Zucker, Reis und Bio-Ethanol. Eine Übersicht zeigt, dass die Rind- und Hühnerfleischquoten, gemessen an den bereits existierenden Mercosur-Exporten, eine Vergrößerung um die Hälfte darstellen könnten, bei den Bio-Ethanolquoten sogar um mehr als das Sechsfache (sh. Grafik 1). Da Weideland in Süd- und Zentralbrasilien in Sojafelder umgewandelt werden, kommt es zu einer Verdrängung der Viehwirtschaft in die nördlichen Bundesstaaten, vor allem nach Amazonien. 

Produktion und Handel der acht Agrarprodukte, für die Importquoten vereinbart wurden, erzeugen schon jetzt Emissionen von 25,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr. Wenn die Quoten des EU-Mercosur-Abkommens ausgeschöpft werden, kommen laut Berechnungen der NGO GRAIN jährlich weitere 8,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente dazu. Insgesamt ist aber mit sehr viel mehr zu rechnen, da etwa die gewaltige Steigerung des Sojaanbaus in diesen Berechnungen nicht berücksichtigt ist.

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2. Ruinierung klimafreundlicher Landwirtschaft:
Fleischhunger produziert Hunger

Die landwirtschaftlichen Exporte aus den Mercosur-Staaten bringen gewaltige Profite für einige wenige Großhändler wie Cargill und JBS und deren Abnehmer wie Nestle, Burger King und McDonald´s. In Europa, in Österreich dagegen gefährden sie die Ernährungssouveränität und ruinieren die klimafreundliche regionale Landwirtschaft, indem sie kleinbäuerliche Höfe einem unfairen Wettbewerbsdruck aussetzen. Ein Kilogramm Rindfleisch aus Brasilien verursacht unter Berücksichtigung von Landnutzung je nach Studie sechs- bis fünfzehnmal mehr Emissionen als ein Kilogramm Rindfleisch aus Österreich. 

Billigrindfleisch aus Lateinamerika kurbelt insgesamt die Nachfrage nach Fleisch an. Es verfestigen sich damit Ernährungsgewohnheiten, von denen wir uns rasch verabschieden müssen, wenn wir den Raubbau an Mensch und Natur beenden wollen: In einem Kilogramm Rindfleisch stecken durchschnittlich über 15.000 Liter Wasser. Um ein Kilogramm Fleisch zu produzieren, braucht man zehn Kilogramm Getreide bzw. Soja, da die Tiere nur einen Bruchteil der ihnen zugeführten Kalorien und Nährstoffe in Fleisch oder Milch umwandeln. So verlieren Kleinbauern und -bäuerinnen durch unseren Fleischhunger zunehmend ihr Land und damit ihre Existenzgrundlage. Wir verfüttern 40 Prozent der Weltgetreideernte und 85 Prozent der Sojaernte an Nutztiere – nicht nur ein ökologischer Unfug, sondern auch ein Wahnsinn angesichts von rd. 780 Millionen Hungernden und Millionen von Hungertoten jedes Jahr.

3. EU-Exportschlager: (verbotene) Pestizide

Der unfaire Wettbewerb wird angeheizt durch den Einsatz von Unmengen von Pestiziden auf den großen Exportplantagen in der Mercosur-Staaten. Konzerne wie Bayer oder BASF machen riesige Profite mit dem Export von hochgefährlichen Pestiziden, auch solchen, die in der EU verboten sind. „Brasilien ist Europas Müllhalde für Agrargifte. Alles, was in Europa nicht mehr benutzt werden darf bzw. verboten wurde, wird zu uns über den Atlantik geschickt“, benennt Alan Tygel, Koordinator der brasilianischen Kampagne gegen Agrargifte, die Verantwortlichen. Eine Studie der Agrargeographin Larissa Bombardi von der Universität São Paulo ermittelte in diesem Zusammenhang, dass 30 Prozent der rund 500 bis zum Jahr 2017 in Brasilien zugelassenen Pestizidwirkstoffe in der EU verboten bzw. nicht zugelassen waren (sh. Grafik 2). 

2Diese Pestizide stellen eine Bedrohung für die Gesundheit der LandarbeiterInnen dar. Das brasilianische Gesundheitsministerium registrierte zwischen 2005 und 2015 insgesamt 84.206 Pestizidvergiftungen. Doch gibt es eine hohe Dunkelziffer. So kommen geschätzt auf jede gemeldete Vergiftung 50 (!) weitere, die nicht gemeldet werden. Entsprechend unsicher sind die Zahlen über diesbezügliche Todesfälle. Nach offiziellen Angaben des brasilianischen Gesundheitsministeriums starben zwischen 2008 und 2017 mehr als 7.200 Menschen an Pestizidvergiftungen. 

Diese Pestizide gefährden Boden, Gewässer und die biogenen Kreisläufe. So ist Brasilien Hauptabsatzmarkt für Bayers Imidacloprid – ein Bienenkiller, dessen Freilandverwendung die EU 2018 verboten hat. Die aus Deutschland nach Argentinien exportierte Menge ist ausreichend, um rein rechnerisch mehr als 360 Billionen Bienen zu töten. Pestizide landen über den Export der landwirtschaftlichen Produkte letztendlich leicht wieder auf unseren heimischen Tellern, da Qualitätskontrollen der Importe verringert werden sollen. 

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4. Ausbremsen einer ökologischen Mobilitätswende

Im Gegenzug zum erleichterten Export von landwirtschaftlichen Gütern will die europäische, Automobilindustrie einen erleichterten Zugang zum Mercosur-Markt. Nicht umsonst zählt die deutsche Automobilindustrie zu den Hauptlobbyisten des EU-Mercosur-Paktes. Sie erwartet sich durch die schrittweise Absenkung von Zöllen einen gewaltigen Absatzmarkt für Autos und Autobestandteile. Vor allem setzt sie auf den Export von besonders klimaschädlichen Verbrennerautos in die Mercosur-Staaten weit über 2035 hinaus. 

Besonders profitiert die Automobilindustrie von der Beseitigung der Zölle auf Biodiesel und auf Rohstoffe. Rohstoffe wie Lithium, Magnesium, Kupfer, Mangan usw. benötigt die Autoindustrie in großes Mengen für die Elektromobilität. Durch dieses Abkommen würden die negativen Folgen, die schon jetzt die autozentrierte Exportpolitik der EU auf Umwelt und Menschen hervorruft, weiter beschleunigt. So etwa führt im ohnehin extrem trockenen Norden Argentiniens die Lithium-Förderung für E-Cars zu hohem Wasserverbrauch und giftigen Rückständen der Minen, die das Leben insbesondere der indigenen Bevölkerung gefährden. Die Bergbauminen sind außerdem ein oftmals unterschätzter Faktor des Waldverlusts. So gehen UmweltwissenschaftlerInnen davon aus, dass rund zehn Prozent der Abholzung in Amazonien auf das Konto des Bergbaus gehen.

E-Cars haben zwar eine bessere Klimabilanz als Verbrenner, aber eine katastrophale Umwelt- und Rohstoffbilanz: Ein E-Car benötigt sechsmal mehr Rohstoffe als ein Verbrennerauto (sh. Grafik 3). Eine ökologische Verkehrswende kann also nicht darin bestehen, dieselbe Autoflotte wie bisher einfach auf Elektromotor umzustellen, sie muss zuvorderst auf ein dramatisches Absenken des Autobestandes und einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der nachhaltigen Mobilität orientieren. Diese dringend notwendige Mobilitätswende wird durch das EU-Mercosur-Abkommen unterlaufen – in Südamerika wie in Europa. 

Mercosur

5. Tausende fossile Transportkilometer

Last but not least: Dieser klimapolitische Teufelskreis wird noch weiter angeheizt durch den Transport all dieser Waren – Rohstoffe, landwirtschaftliche Güter, Autos etc. – über tausende fossile Transportkilometer. Die Produktion und der Transport von Gütern und Dienstleistungen für den Welthandel machen schon jetzt 20 bis 30 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen aus – Tendenz steigend. Die Hochsee-Schifffahrt, die große Mengen von Schwefeloxiden, Feinstaub, Stickoxiden und Ruß emittiert, der LKW-Verkehr und Lufttransport mit ihrem horrendem CO2-Ausstoß, werden durch dieses Abkommen weiter stimuliert, während regionale Wirtschaftskreisläufe ausgedünnt werden. 


Quelle: EU-Mercosur: Abkommen Risiken für Klimaschutz und Menschenrechte, Studie von Greenpeace, Misereor und Dreikönigsaktion, Deutschland 2020