Der EuGH hat das EU-Kanada-Freihandelsabkommen CETA, das Sonderklagsmöglichkeiten für Konzerne schafft, für EU-konform erklärt. Bundespräsident Van der Bellen hat angekündigt, CETA nun zu unterschreiben. Seine unmissverständliche Botschaft an die österreichische Bevölkerung, die mit großer Mehrheit CETA ablehnt: „Ihr habt die Pappn zu halten!“
Ende April 2019 hat der EuGH entschieden, dass das EU-Kanada-Freihandelsabkommen (CETA) – insbesondere die Paralleljustiz zugunsten der Konzerne – EU-rechtskonform ist. BP Van der Bellen hat daraufhin angekündigt, die Ratifizierung von CETA zu unterschreiben.
Was nicht überrascht
Daran ist nun so gut wie überhaupt nichts überraschend: Denn natürlich ist ein Abkommen EU-rechtskonform, das den neoliberalen Freihandel ankurbelt, das Konzernen eine Sondergerichtsbarkeit ermöglicht, um Staaten auf hohe Milliardenbeträge zu verklagen, wenn sie ihre Profite durch Sozial- oder Umweltgesetze gefährdet sehen. Denn das EU-Recht zementiert eine Rechtsordnung ein, die in jeder Hinsicht den Konzernen auf den Leib geschneidert ist. Das reicht von der Verpflichtung „eine offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“ zu betreiben bis hin zur Vorgabe, alle Beschränkungen der „Investitionsfreiheit“ und Freihandel zu beseitigen. Die EU ist wohl einzigartig darin, diese neoliberalen Vorgaben im Primärrecht – also in Verfassungsrang – gehoben zu haben. Und dass der EuGH, der in der Rechtsauslegung selbst immer wieder als Motor des Neoliberalismus agiert, das neoliberale EU-Recht auch im Geist des Neoliberalismus auslegt, war von Anfang an klar.
Dass der Bundespräsident auf die Auslegung des EuGH gewartet hatte, war durchsichtigen Motiven geschuldet: Einerseits konnte er sich damit aus seinem Versprechen während des BP-Wahlkampfes, CETA nicht zu unterschreiben, herauswinden. Andererseits sendete VdB damit ein klares Signal an die österreichische Bevölkerung aus, die laut Umfragen mit großer Mehrheit gegen CETA ist: „Ihr habt´s die Pappn zu halten!“ Für den Bundespräsidenten ist die Entscheidung einer Handvoll EU-Richtern relevant und nicht die Meinung der Bevölkerung, die ihn gewählt hat. Deshalb hat das Polit-Establishment mit vereinten Kräften alles getan, um eine Volksabstimmung in Österreich über CETA zu verhindern. Das reicht von den krachenden Umfallern zunächst der SPÖ-Führung, dann der FPÖ bis zur Entscheidung des Bundespräsidenten, dem EuGH die Entscheidung zu überantworten, weil sich die Bevölkerung erlaubt, mehrheitlich eine vom EU-Establishment abweichende Meinung zu haben.
Was schon überrascht
Wie gesagt: Das alles ist nicht sonderlich überraschend. Überraschend ist eher, dass die Führungen von Arbeiterkammer, Gewerkschaften, Attac, Global 2000 und anderen NGOs dem Bundespräsidenten für diese antidemokratische Politik auch noch den Ball aufgespielt haben, als sie ihn im Vorjahr mittels Petition dazu aufforderten, den EuGH als Schiedsrichter anzurufen. Damit hat sich einmal mehr gezeigt: Wer nicht zum Bruch mit dem neoliberalen Regelwerk und den neoliberalen Institutionen der EU bereits ist, wird rasch selbst zum Teil des Problems statt der Lösung.
EU-Freihandelsdampfwalze rollt weiter
Lernen aus der Schmierentragödie, die rund um CETA aufgeführt wurde! Denn die EU-Freihandels-Dampfwalze rollt weiter: Im Februar 2019 hat das EU-Parlament das EU-Freihandelsabkommen abgesegnet. Da es ähnlich wie CETA Sonderklagsmöglichkeiten für Konzerne enthält, muss es noch in den nationalen Parlamenten ratifiziert werden. Auch hier gilt: Über Abkommen, die die gewählten Parlamente zugunsten von Großkonzernen entmündigen, muss die österreichische Bevölkerung das letzte Wort – in einer Volksabstimmung!
(Mai 2019)