ImageIm sog. Budget-Finanzrahmen 2012-2015 fallen die Ausgaben fuer Bildung, Soziales und Infrastruktur - gemessen am BIP - um 16 Milliarden Euro zurueck. Diese Budgetpolitik ist ebenso unsozial wie kurzsichtig. Denn der Weg aus der Krise führt nicht über ein hirnloses „Runter mit Löhnen und Sozialleistungen, rauf mit den Exporten!“. Wohin es führt, wenn ganze Volkswirtschaften in diesen Exportschlachten niedergemacht worden sind, zeigt sich derzeit an Hand von Griechenland.

Als Maria Fekter den Vierjahresplan lieben lernte

„Vierjahresplan garantiert stabile Finanzen“(1), freute sich die frisch gebackene Finanzministerin Maria Fekter zum sog. Budget-Finanzrahmen für die Jahr 2012 bis 2015. Wenn neoliberale Hardliner wie Fekter ihre Liebe zu Vierjahresplänen entdecken, kann etwas Liebe zum Detail in der Analyse nicht schaden. Aufschlussreich an dem Budgetfahrplan der Regierung ist vor allem, wie sich die jeweiligen öffentlichen Ausgaben gemessen an der prognostizierten Umfang des Bruttoinlandsprodukts (BIB), also der Wirtschaftsleistung Österreichs entwickelt:
  • Die öffentlichen Ausgaben für Bildung, Forschung und Kultur sinken in diesen vier Jahren von 4% auf 3,5% am BIP - das entspricht einem akkumulierten Verlust von 4,1 Milliarden Euro von 2012 bis 2015 (Bezugszeitpunkt 2011).
  • Die öffentlichen Ausgaben für wirtschaftliche Infrastruktur sinken von 3% auf 2,5% am BIP, was einem akkumulierten Verlust von 4,4  Mrd. entspricht
  • Die Ausgaben für Arbeit, Soziales und Gesundheit sinken von 11,25 auf 10,6% am BIP. Das ergibt  einen akkumulierten Verlust von „noch“ relativ bescheidenen 1,6 Milliarden Euro. Das bezieht sich allerdings nur auf die Sozialausgaben aus dem Steuertopf. Grimmiger schaut die Prognose aus, zieht man die Sozialversicherung mit ein. Denn in ihrem „Vierjahresplan“ geht die Regierung nonchalant davon aus, dass der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen weiterhin deutlich sinken wird. Rechnet man das von der Regierung prognostizierte Sinken der Lohnquote um in die daran gekoppelten Sozialversicherungsbeiträge, so entgehen dem Sozialstaat weitere 6,2 Mrd. Euro, in Summe also ein Minus von 7,8 Milliarden.


Addieren wir zusammen: Gemessen am prognostiziertem Wirtschaftswachstum fallen die öffentlichen Ausgaben für Soziales, Bildung und Infrastruktur um 16,2 Milliarden Euro zurück. In manchen Bereichen, z.B. im Bildungsbereich von 2012 bis 2013, gibt es sogar nominelle Kürzungen. Rechnet man ein gewisses Maß an Inflation ein, sind die Einschnitte beträchtlich.

Dass Fekter solche Vierjahrespläne liebt, wundert nicht. Hier wird – mit langem Atem – die weitere Aushungerung von Bildung, Sozialem und Infrastruktur vorbereitet. Doch was haben sich all die SP-Gewerkschaftsfunktionäre im Nationalrat gedacht, als sie brav ihre Hände dafür gehoben haben? Warum fiel die Kritik der grünen Opposition an Fekters Finanzrahmen „minimal“ aus, wie der ORF süffisant bemerkte? (ORF Ö1, 18.5.2011) Die Antwort dürfte leider – wieder einmal – auf der Hand liegen: Fekters Vierjahresplan der relativen und zum Teil auch absoluten Absenkung von Sozial-, Bildungs- und Infrastrukturausgaben passt voll in die Vorgaben der Europäischen Union, die ab kommenden Jahr eine Verschärfung des neoliberalen Stabilitätspaktes - abgesichert durch saftige Geldstrafen - auf die Schienen bringen will.

FPÖ, Fekter & EU-Kommission im Gleichschritt


Dabei sind die Gralshüter des Neoliberalismus in Brüssel zwar mit der Richtung der rot-schwarzen Regierung, keineswegs aber mit dem Tempo einverstanden. So fordert die EU-Kommission einen „viel stärkeren Defizitabbau“, insbesondere die „hohen Sozialversicherungsabgaben“ sind der Kommission ein Dorn im Auge (2), da „diese Arbeitsplätze gefährden.“  Eine unverhohlene Aufforderung zu noch schärferem Sozialabbau, denn wer die Sozialversicherungsabgaben angreift, prügelt den Sack und meint den Esel: die dadurch finanzierten Leistungen für Gesundheit, Altersversorgung, Arbeitslosenunterstützung. Die Budgetvorschläge der Rechtsextremen von der FPÖ klingen wie das Echo der EU-Kommission: „Hohe Lohnnebenkosten (=v.a. Sozialversicherungsbeiträge, Anm.d.Red) verhindern die Schaffung von Arbeitsplätzen“ , mault der freiheitliche Bundesrat Rainhard Pisec.(3)  Bereits im Jahr 2009 drängten die Freiheitlichen darauf, durch einen sprunghafte Anhebung der Geringfügikeitsgrenze über 100.000 Menschen aus dem Sozialversicherungsschutz rauszukicken.
Fekter dürfte den Rüffel aus Brüssel bereits geahnt haben, denn kaum war der Vierjahrsplan im Nationalrat durchgewunken, legte sie breits ein Schäuferl nach. So sei „das Nulldefizit bereits 2015 vorstellbar“, außerdem „drängt das Finanzministerium auf Privatisierungen, um die Staatsschulden abzubauen.“(4) Die ÖBB sollte gleich einmal als erste über die Privatisierungsklinge springen.

Ausweg aus dem neoliberalen Tollhaus EU

Diese Budgetpolitik ist ebenso unsozial wie kurzsichtig. Denn der Weg aus der Krise führt nicht über ein hirnloses „Runter mit Löhnen und Sozialleistungen, rauf mit den Exporten!“. Denn wohin es führt, wenn ganze Volkswirtschaften in diesen Exportschlachten niedergemacht worden sind, zeigt sich derzeit an Hand von Griechenland. Wir brauchen einen grundsätzlichen Richtungswandel: Umleitung der industriellen Produktivität in das Wachstum gemeinschaftlicher Dienstleistungen und Infrastrukturen, d.h. für Bildung, Forschung, öffentlichen Verkehr, erneuerbare Energien, Ausbau von Gesundheits- und Pflegeleistungen, Stärkung der sozialen Integration, usw. Dallingers Vorstellung von Wertschöpfungsbesteuerung ist im Vorfeld des EU-Beitritts im Bodensee verschwunden. Es gilt sie zu bergen, weiterzuentwickeln und wieder einen Ausweg aus dem neoliberalen Tollhaus EU zu finden.

Anmerkungen:
(1) Presseaussendung vom 18.05.2011
(2) Standard, Presse 08.06.2011
(3) FPÖ-Presseaussendung 13.05.2011
(4) Standard 18.05.2011