Die geplante Privatisierung der Austrian Airlines bekommt immer groteskere, ja offen mafiotische Züge. Die Lufthansa, die als einziger Bieter übrig geblieben ist, will die AUA nun nicht nur geschenkt, sie will vom österreichischen Staat auch noch 500 Millionen Euro draufgelegt bekommen. Die Regierung ist offensichtlich zu diesem Kniefall bereit und hat beschlossen, 500 Millionen an AUA-Schulden zu übernehmen. Die Werkstatt fordert den sofortigen Stopp des Privatisierungsvorganges und die Entlassung von AUA- und ÖIAG-Führungsebene, hinter deren Dilettantismus offensichtlich Methode steckt, da sie eng mit dem Konkurrenten und nunmehr potentiellen „Käufer“ Lufthansa verbandelt ist. Die Staatsanwaltschaft ist aufgefordert, endlich aktiv zu werden.
"Unfassbarer Dilettantismus"
Was sind diese Fakten:
Der Aufsichtsrat der Staatsholding ÖIAG wird bereits seit etlichen Jahren von Konzernvertretern der sog. „Deutschland AG“ dominiert, also jenem Konzerngeflecht, das sich um die beiden Finanzriesen Deutsche Bank und Allianz-Konzern (inkl. der von ihm kontrollierten Dresdner Bank) gruppiert (Details dazu siehe auf http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&view=article&id=112&Itemid=1) Die Vertreter der „Deutschland AG“ sind zugleich – direkt oder indirekt – bei der Lufthansa an Bord. Eine besondere Stellung nimmt Siemens ein: Siemens hat Vertrauensleute sowohl im AUA- als auch im Lufthansa-Aufsichtsrat sitzen (Brigitte Ederer bei der AUA, die Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller bei der Lufthansa). Siemens hat Vertrauensleute bei der Post AG, dem Verbund und der OMV, die ihrerseits im Aufsichtsrat der AUA vertreten sind. Für Siemens hat sich das bereits rentiert, nachdem man sich 2005 die VA-Tech zum Schleuderpreis einverleiben konnte. Peter Michaelis ließ vor zwei Jahren ein Gutachten, das die Lufthansa nicht (!) als optimalen Partner qualifizierte, gleich vorsorglich in der Schublade verschwinden. Im heurigen Sommer forderte er dagegen den raschen Verkauf, ohne aus seiner Präferenz für die Lufthansa ein Hehl zu machen. Mit der konkreten Abwicklung der Privatisierung war der Chefmanagager von Magna, Siegfried Wolf, im ÖIAG-Aufsichtsrat beauftragt worden. Magna (Frank Stronach) ist Zulieferer für den Autokonzern Daimler (Chrysler), der selbst wieder über das Geflecht der „Deutschland AG“ (Deutsche Bank, Allianz-Konzern) mit der Lufthansa verbunden ist.
Obwohl bereits mitten im Wahlkampf und angeblich so zerstritten, dass „es reichte“, hatten die Spitzen von SPÖ und ÖVP im August kein Problem, sich in kürzester Zeit auf die Privatisierung der AUA zu verständigen. FPÖ und Grünen spendeten dafür Applaus. Mit der Ankündigung, die von der Lufthansa geforderten 500 Millionen AUA-Schulden durch den Bund zu übernehmen, setzt Faymann nun offensichtlich zum nächsten Kniefall vor der Lufthansa an. Auch der ÖGB machte dieser Privatisierung von Anfang an die Mauer. Zur unfreiwilligen Lachnummer machte Präsident Hundsdorfer sich und den ÖGB, als es im August 2008 als Erfolg feierte, dass die AUA ohnehin nur "bis maximal 100%“ (OTS, 05.08.2008) privatisiert würden. So gesehen eilt der ÖGB von Erfolg zu Erfolg. Denn mehr als 100% sind tatsächlich noch nie privatisiert worden.
"Wenn man das Geld, das man jetzt vielleicht der Lufthansa hinterher wirft, der AUA gibt, ist sie auch allein überlebensfähig." (Alfred Junghans, AUA-Betriebsrat)
- Sofortige Entlassung des AUA-Managements und des ÖIAG-Aufsichtsrates und Vorstandes. In den ÖIAG-Aufsichtsrat gehören Leute, die den öffentlichen Interessen verpflichtet sind und nicht diverse Konzernlobbyisten. Wir fordern die Staatsanwaltschaft auf hier endlich zu ermitteln. Statt mit dem sog. Anti-Mafia Paragrafen § 278 a („Bildung einer kriminellen Organisation“) Jagd auf Tierrechts-AktivistInnen zu machen, sollte der § 278 a dort eingesetzt werden, wo die wirkliche Wirtschaftskriminalität zu vermuten ist.
- Sofortiger Stopp des Privatisierungsvorganges. Statt der Lufthansa die AUA samt 500 Steuermillionen rüberzuschieben, muss der österreichischen Luftfahrt eine eigenständige Zukunft gesichert werden. Das betont auch AUA-Betriebsrat Alfred Junghans: "Wenn man das Geld, das man jetzt vielleicht der Lufthansa hinterher wirft, der AUA gibt, ist sie auch allein überlebensfähig." (Österreich, 24.10.2008) Zweifellos kostet die Sicherung einer eigenständigen Fluglinie Geld. Wenn dadurch Wertschöpfung, Infrastrukturen und Entscheidungszentralen in Österreich gehalten werden, ist das ein wichtiger Beitrag gegen die drohende Rezession. Gerade bei einem kleinen Land wie Österreich ist öffentliches Eigentum in wirtschaftlichen Kernbereichen die unabdingbare Voraussetzung, um nicht auf den Status einer Wirtschaftskolonie herabzusinken – mit all den politischen Folgen, die sich daraus ergeben.