ImageDie geplante Privatisierung der Austrian Airlines bekommt immer groteskere, ja offen mafiotische Züge. Die Lufthansa, die als einziger Bieter übrig geblieben ist, will die AUA nun nicht nur geschenkt, sie will vom österreichischen Staat auch noch 500 Millionen Euro draufgelegt bekommen. Die Regierung ist offensichtlich zu diesem Kniefall bereit und hat beschlossen, 500 Millionen an AUA-Schulden zu übernehmen. Die Werkstatt fordert den sofortigen Stopp des Privatisierungsvorganges und die Entlassung von AUA- und ÖIAG-Führungsebene, hinter deren Dilettantismus offensichtlich Methode steckt, da sie eng mit dem Konkurrenten und nunmehr potentiellen „Käufer“ Lufthansa verbandelt ist. Die Staatsanwaltschaft ist aufgefordert, endlich aktiv zu werden.  

 

"Unfassbarer Dilettantismus"

 

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der AUA sind offensichtlich nicht zuletzt durch das Management in dilettantischer Weise verschuldet worden. Im März 2008 hatte Vorstandschef Alfred Ötsch die Sanierung der AUA für „abgeschlossen“ erklärt, wenige Monate hat sich das alles in Luft aufgelöst. Stephan Schulmeister (WIFO) spricht von „unentschuldbaren Managementfehlern“ (Presse, 6.8.08), die zu den großen Verluste des geführt hatten. Einer der AUA-Aktionäre, Hans Schmid, der 4,14 Prozent an der AUA hält, urteilt über den AUA-Verkauf: "Was hier geboten wird, ist unfassbarer Dilettantismus. Hier wurden über die Jahre Milliarden verbrannt und es sieht ganz so aus, als wäre das alles kein Zufall." Schmid vermutet, dass der AUA-Verkauf von Anfang an auf eine günstige Übernahme durch die Lufthansa zugeschnitten gewesen sei: "Die Verflechtungen zwischen beiden Firmen wurden immer größer, man hätte wissen müssen, dass man sich damit immer mehr bindet." (Österreich, 24.10.2008) Tatsächlich sind all diese Vorgehensweisen sind so dilettantisch, dass dahinter Methode vermutet werden kann. Angesichts einer Vielzahl von Fakten, scheint es keineswegs absurd anzunehmen, dass die AUA von ÖIAG und AUA-Management absichtlich in einer prekäre finanzielle Lage hineingewirtschaftet und hineingeredet wird, um der Lufthansa die AUA als Schnäppchen zu servieren.  

Was sind diese Fakten: 


Der Aufsichtsrat der Staatsholding ÖIAG wird bereits seit etlichen Jahren von Konzernvertretern der sog. „Deutschland AG“ dominiert, also jenem Konzerngeflecht, das sich um die beiden Finanzriesen Deutsche Bank und Allianz-Konzern (inkl. der von ihm kontrollierten Dresdner Bank) gruppiert (Details dazu siehe auf http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&view=article&id=112&Itemid=1) Die Vertreter der „Deutschland AG“ sind zugleich – direkt oder indirekt – bei der Lufthansa an Bord. Eine besondere Stellung nimmt Siemens ein: Siemens hat Vertrauensleute sowohl im AUA- als auch im Lufthansa-Aufsichtsrat sitzen (Brigitte Ederer bei der AUA, die Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller bei der Lufthansa). Siemens hat Vertrauensleute bei der Post AG, dem Verbund und der OMV, die ihrerseits im Aufsichtsrat der AUA vertreten sind. Für Siemens hat sich das bereits rentiert, nachdem man sich 2005 die VA-Tech zum Schleuderpreis einverleiben konnte. Peter Michaelis ließ vor zwei Jahren ein Gutachten, das die Lufthansa nicht (!) als optimalen Partner qualifizierte, gleich vorsorglich in der Schublade verschwinden. Im heurigen Sommer forderte er dagegen den raschen Verkauf, ohne aus seiner Präferenz für die Lufthansa ein Hehl zu machen. Mit der konkreten Abwicklung der Privatisierung war der Chefmanagager von Magna, Siegfried Wolf, im ÖIAG-Aufsichtsrat beauftragt worden. Magna (Frank Stronach) ist Zulieferer für den Autokonzern Daimler (Chrysler), der selbst wieder über das Geflecht der „Deutschland AG“ (Deutsche Bank, Allianz-Konzern) mit der Lufthansa verbunden ist.

 

"Enger Draht zur Lufthansa"

Auch das AUA-Management arbeitet bereits offensichtlich für Lufthansa. Das offenbart ein Blick in die Lebensläufe der AUA-Chefetage: 
- Vorstandschef Alfred Ötsch kommt von Siemens, das mit der Lufthansa über Aufsichtsratsfunktionen direkt verbunden ist. Gegen Ötsch wird derzeit wegen Verwicklung in den Siemens-Schmiergeldskandal ermittelt. Die Verbindung zu Siemens dürfte wohl auch die Hauptqualifikation für den Chefsessel gewesen sein, denn von der Flugbranche hat er wenig Ahnung: „Ötsch beweist beim Tennis mehr Talent als beim Flugmanagement.“ (Standard, 22.10.2008).
- Sein Kollege Andreas Bierwirth arbeitete vor seinem Einstieg bei der AUA im Lufthansa-Management.
- Und der dritte im Bunde - Peter Malanik – ist Chef Star-Allianz-Aufsichtsrates geworden, ein Job, der ohne Protegierung durch die Lufthansa, dem größten Star-Alliance-Mitglied, nicht möglich gewesen wäre.  
Diese Manager „haben einen engen Draht zu Lufthansa“, weiß daher das "Handelsblatt" (26.05.2008) zu berichten. Das AUA-Management dürfte in der Lufthansa bereits ihre zukünftigen Chefs sehen. Als vor einigen Monaten das Lufthansa-Personal für höhere Löhne streikte, betätigte sich die AUA umgehend als Streikbrecher „und griff ihrer potenziell zukünftigen Mutter und die Arme.“ (Presse 25.07.2008) Verrückt ist auch der Zeitpunkt des Verkaufs. Hannes Androsch urteilte über die Vorgangsweise von ÖIAG und AUA bereits im Sommer: „Zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt verkauft man am Kapitalmarkt nicht.“ (Standard, 01.08.2008). Auf Grund des seither eskalierenden Finanzmarktdebakels gilt dieses Urteil jetzt umso mehr. Für die Lufthansa würde sich diese Verrücktheit freilich bezahlt machen, denn bei der angestrebten Totalübernahme müsste beim Squeez out der Kleinaktionäre der Durchschnittswert der Aktie des vergangenen halben Jahrs gezahlt werden.  


Obwohl bereits mitten im Wahlkampf und angeblich so zerstritten, dass „es reichte“, hatten die Spitzen von SPÖ und ÖVP im August kein Problem, sich in kürzester Zeit auf die Privatisierung der AUA zu verständigen. FPÖ und Grünen spendeten dafür Applaus. Mit der Ankündigung, die von der Lufthansa geforderten 500 Millionen AUA-Schulden durch den Bund zu übernehmen, setzt Faymann nun offensichtlich zum nächsten Kniefall vor der Lufthansa an. Auch der ÖGB machte dieser Privatisierung von Anfang an die Mauer. Zur unfreiwilligen Lachnummer machte Präsident Hundsdorfer sich und den ÖGB, als es im August 2008 als Erfolg feierte, dass die AUA ohnehin nur "bis maximal 100%“ (OTS, 05.08.2008) privatisiert würden. So gesehen eilt der ÖGB von Erfolg zu Erfolg. Denn mehr als 100% sind tatsächlich noch nie privatisiert worden.

 

"Wenn man das Geld, das man jetzt vielleicht der Lufthansa hinterher wirft, der AUA gibt, ist sie auch allein überlebensfähig." (Alfred Junghans, AUA-Betriebsrat)

 

 Angesichts dieses mafiotischen Geflechts von Konzernlobbyisten, Managern und Politikern, das gegen die Interessen der SteuerzahlerInnen und gegen die Sicherung zentraler Infrastrukturen in Österreich arbeitet, fordert die Werkstatt Frieden & Solidarität:

 

- Sofortige Entlassung des AUA-Managements und des ÖIAG-Aufsichtsrates und Vorstandes. In den ÖIAG-Aufsichtsrat gehören Leute, die den öffentlichen Interessen verpflichtet sind und nicht diverse Konzernlobbyisten. Wir fordern die Staatsanwaltschaft auf hier endlich zu ermitteln. Statt mit dem sog. Anti-Mafia Paragrafen § 278 a („Bildung einer kriminellen Organisation“) Jagd auf Tierrechts-AktivistInnen zu machen, sollte der § 278 a dort eingesetzt werden, wo die wirkliche Wirtschaftskriminalität zu vermuten ist.

- Sofortiger Stopp des Privatisierungsvorganges. Statt der Lufthansa die AUA samt 500 Steuermillionen rüberzuschieben, muss der österreichischen Luftfahrt eine eigenständige Zukunft gesichert werden. Das betont auch AUA-Betriebsrat Alfred Junghans: "Wenn man das Geld, das man jetzt vielleicht der Lufthansa hinterher wirft, der AUA gibt, ist sie auch allein überlebensfähig." (Österreich, 24.10.2008)  Zweifellos kostet die Sicherung einer eigenständigen Fluglinie Geld. Wenn dadurch Wertschöpfung, Infrastrukturen und Entscheidungszentralen in Österreich gehalten werden, ist das ein wichtiger Beitrag gegen die drohende Rezession. Gerade bei einem kleinen Land wie Österreich ist öffentliches Eigentum in wirtschaftlichen Kernbereichen die unabdingbare Voraussetzung, um nicht auf den Status einer Wirtschaftskolonie herabzusinken – mit all den politischen Folgen, die sich daraus ergeben.