ImageDie aktuelle guernica (Zeitung der Werkstatt Frieden & Solidarität) hat die Entwicklung der Löhne und Gehälter in Österreich seit den 80er Jahren unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist eindeutig: während in den 12 Jahren vor dem EU-Beitritt die Löhne und Gehälter noch einigermaßen mit dem Wachstum der Wirtschaft Schritt halten konnten, ist es damit seit dem EU-Beitritt schlagartig vorbei. Die ArbeitnehmerInnen werden vom Wirtschaftswachstum abgekoppelt. Die Reallöhne gehen zurück bzw. stagnieren, während die Gewinne davon galoppieren.


Vergleicht man die 12 Jahre vor dem EU-Beitritt (1982 – 1994) mit den 12 Jahren danach (1994 – 2006), so zeigt sich zunächst, dass sich das reale BIP-Wachstum nach dem Beitritt abgeschwächt hat (um immerhin 4,5%). Viel entscheidender jedoch ist die dramatisch veränderte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, die seit Mitte der 90er Jahre stattgefunden hat. Als besonders aufschlussreich erweist sich die Gegenüberstellung der Nettorealeinkommen pro Arbeitnehmer – also das, was effektiv im Geldbörsel bleibt - mit dem realen Bruttoinlandsprodukt/Einwohner (sh. Grafik http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=46&Itemid=49). Von 1982 bis 1994 wurden die Arbeitnehmer noch einigermaßen – wenn auch nicht mehr vollständig - am Wachstum der Güter und Dienstleistungen beteiligt. In diesen 12 Jahren stieg das BIP/Kopf um rd. 26%, die Nettorealeinkommen/AN um 20,4%. Mit dem EU-Beitritt ändert sich das Bild geradezu schlagartig. Während das BIP/Kopf nach wie vor stetig ansteigt, erleben die ArbeitnehmerInnen in 10 von 12 Jahren Reallohnverluste gegenüber 1994. 2007 liegt das Nettorealeinkommen gerade einmal um 0,7% über dem Jahr 1994, während das BIP bereits um über 20,4% gegenüber dem Vergleichsjahr von 1994 angestiegen ist.

Untere Lohngruppen stürzen ab. Dabei verhüllen die durchschnittlichen Einkommen der ArbeitnehmerInnen, dass auch innerhalb der unselbständig Erwerbstätigen die Schere immer weiter auseinandergeht. Vor allem für die unteren Einkommensgruppen hat sich die Lage geradezu dramatisch verschlechtert. So ist das 1. Quartil der Arbeitnehmer-Einkommen (d.h. ein Viertel verdient weniger, drei Viertel verdienen mehr) netto real seit 1997 um 11,5% zurückgegangen, bei den ArbeiterInnen gar um 22,5%. Das heißt freilich nicht, dass die Stundenlöhne um diesen Betrag gekürzt wurden, in diesen Daten kommt vor allem zum Ausdruck, dass die Zahl der geringfügig und prekär Beschäftigten massiv angestiegen ist.

Doch auch durch diese inflationsbereinigten Zahlen wird die Entwicklung der wirklichen Kaufkraftentwicklung noch beschönigt. Denn die Realeinkommen ermitteln sich aus einer durchschnittlichen Inflationsrate, wo Lebensnotwendiges und Luxuskonsum zusammenfließen. Eine detaillierte Untersuchung der Preissteigerungen ergibt, dass die Ausgabengruppe „Wohnen – Energie – Wasser“ fast doppelt so schnell gestiegen ist wie die durchschnittliche Inflation. Und gerade diese Ausgaben schlagen im Warenkorb von Niedrigverdienern überproportional zu Buche, während sie vom Preisverfall bei Fernreisen und Elektrogeräten wenig bis gar nicht profitieren.

Großkonzerne profitieren. Wenn das BIP pro Einwohner deutlich steigt, aber die Arbeitnehmereinkommen stagnieren oder sogar sinken, muss wer anderer kräftig profitieren. Die seit dem EU-Beitritt um rd. 6% steigende „Gewinnquote“ (d.h. Anteil der Betriebsüberschüsse und Selbständigen-Einkommen am Volkseinkommen) bringt diese Entwicklung nur unzureichend zum Ausdruck, denn innerhalb der selbständig Erwerbstätigen geht die Schere zwischen oben und unten kräftig auseinander. Bei den Selbständigen verdient das oberste Einkommensviertel fünf Mal so viel wie das unterste (bei den Unselbständigen beträgt dieser Unterschied „nur“ das Zweieinhalb-fache). Exorbitant angewachsen sind die Gewinne der großen Konzerne. Zwischen 2002 und 2006 sind die Gewinne (nach Steuer) der 30 größten börsenotierten österreichischen Konzerne um 380%, deren Dividendenausschüttungen um 220%, die Managergehälter um 120% gestiegen. Der Personalaufwand je Mitarbeiter ist dagegen um 1% gesunken. 

Ausführlicher Beitrag in: guernica 2/2008 (Probeexemplar gratis zu bestellen unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!)

Durch aktuelle Entscheidungen des EuGH ist es Unternehmen mit einem Firmensitz in einem Billiglohnland der EU möglich, EU-weit Kollektivverträge zu unterlaufen. Streiks gegen diese Form des Lohndumping erklärt der EuGH ausdrücklich für unzulässig. Das dürfen wir nicht hinnehmen. Unterstützt daher die Petition "Nein zur Aushebelung von Kollektivverträgen und Streikrecht!" http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=44&Itemid=49