ImageDie Arbeitgeber der Metallindustrie werden immer dreister: Zum ersten Mal in der Geschichte der 2. Republik werden bei KV-Verhandlungen keine Mindestlohnerhöhungen angeboten. Gleichzeitig werden drei Viertel der Gewinne an die Aktionäre als Dividende ausgeschüttet. Die Angriffe der Metallindustriellen finden volle Rückendeckung durch das EU-Establishment.

 

Die Arbeitgeber der Metallindustrie steuern auf die offene Konfrontation mit der Gewerkschaft zu. Das jüngste „Angebot“ kann nur als Provokation aufgefasst werden:

- 2,0 Prozent Ist-Lohn- und -Gehaltserhöhung, maximal € 70,-
- 0 Prozent Mindestlohn- und -gehaltserhöhung
- 0 Prozent Erhöhung der Zulagen und Aufwandsentschädigungen.

Unterm Strich also deutliche Reallohnverluste. Entsprechend empört fällt die Reaktion der Verhandlungsführer der Arbeitnehmerseite aus: „Das Angebot der Arbeitgeber ist eine Pflanzerei für die Beschäftigten und bedeutet bei der für die Verhandlungen zu Grunde liegenden Inflationsrate von 2,4 Prozent einen realen Lohn- und Gehaltsverlust. Es gab in der Geschichte der Sozialpartnerschaft in der zweiten Republik noch nie eine derartige Provokation, dass Mindest-Löhne und –Gehälter nicht erhöht werden sollen. Das ist ein Angriff auf die gesamte Gewerkschaftsbewegung in Österreich“, so Rainer Wimmer (PRO-GE) und Karl Proyer (GPA-djp) zum „Angebot“ der Metallindustrie.

„Kampfbereitschaft gegeben“

Die GewerkschafterInnen wenden sich auch entschieden gegen die von der Arbeitgeberseite geforderte Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, wie z.B. die generelle Erweiterung der täglichen Normalarbeitszeit auf 10 Stunden 5 Tage die Woche und die Angleichung der Kündigungsfristen der Arbeitgeber an die der Arbeitnehmer. Horst Huemer, Vorsitzender des Arbeiterbetriebsrates eines großen Linzer Metallunternehmens im Bereich Gewerbe, zu den Vorstellungen der Arbeitgeber: „Kündigungsfristen der Arbeitgeber an die der Arbeitnehmer anzugleichen, dies würde es wesentlich schneller ermöglichen, Mitarbeiter abzubauen und im Gegenzug die Zeit für eine neue Jobsuche wesentlich verkürzen (Arbeitssuchtage,..). Die Arbeitslosigkeit würde steigen, weil die Hemmschwelle durch die Verkürzung der Kündigungsfristen sich reduziert. Außerdem steigt der Druck, bei der Jobannahme auch schlecht bezahlte Jobs anzunehmen.  Eine Anpassung der Behaltefrist von 6 Monaten in Richtung 3 Monate nach der Lehrzeit ist nicht vorstellbar. Für die Zeit vor dem Präsenzdienst muss auf jeden Fall der Ausbildungsbetrieb weiterhin die Beschäftigung übernehmen. Die generelle Ausweitung der Tagesarbeitszeit auf 10 Stunden lehnen wir ab – derzeit sind im KV-Metallgewerbe genügend Möglichkeiten definiert - wir wollen vielmehr eine Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden.“

Zur Stimmung in der Belegschaft meint Horst Huemer: „In der Industrie ist die Kampfbereitschaft jedenfalls gegeben. Im Gewerbe sind keine Aktionäre zufrieden zu stellen, deshalb wird hier mit mehr Augenmaß vorgegangen. Alle Gewerbebetriebe sind auch in ihrem näheren Umfeld auf die Mitarbeiter als Kunden angewiesen.“ Massiv wenden sich die GewerkschafterInnen gegen die Aufsplitterung der Lohnverhandlungen durch die Kapitalseite. Horst Huemer: „Bereiche mit geringem Organisationsgrad müssten befürchten, dass schlimmstenfalls keine Verhandlungen stattfinden und somit auch kein Ausgleich der Inflationsrate die Folge wäre, dies bedeutet wiederum einen noch größeren Reallohnverlust.“

Aktionäre werden kräftig verwöhnt

Die Angriffe der Arbeitgeber der Metallindustrie erfolgen in einer Zeit, in der es den großen Unternehmen der Branche wirtschaftlich keineswegs schlecht geht. Im Gegenteil – hier einige Kennzahlen aus der österreichischen Metallindustrie:

- Die Umsätze stiegen von 2009 bis 2012 um 33% an.

- Die Jahresüberschüsse wuchsen von 2009 bis 2011 um 99%.

- Die Dividendenausschüttungen an die Aktionäre kletterten von 2010 bis 2012 um 53% in die Höhe.

- 2012 schüttete die Metallindustrie 75,8% des Gewinns (Jahresüberschuss) an die Aktionäre aus. Das entspricht 44,5% der Lohn- und Gehaltssumme dieser Unternehmen (zum Vergleich 2010 waren es erst 33,5%) und sage und schreibe 165% der Sachgüterinvestitionen. Im Jahr 2011 wurde sogar doppelt soviel (201%) an Eigentümer und Mutterunternehmen weitergereicht, wie real investiert wurde.

(Quelle: Die wirtschaftliche Lage der Metallindustrie, November 2012, AK-Wien)

Rückendeckung für Großindustrie durch EU-Establishment

Aus dem Management von Leitbetrieben wie der privatisierten Voestalpine kommen wiederholt Drohungen mit Standortverlagerungen, um Druck auf die Gewerkschaft auszuüben. Bei diesem Angriff hat die Exportindustrie die volle Rückendeckung durch das politische Establishment, insbesondere auf EU-Ebene. Im sog. „Euro-Plus“ haben sich die Regierungen der Euro-Staaten dazu verpflichtet, die „Lohnbildungsregelungen und erforderlichenfalls den Grads der Zentralisierung im Verhandlungsprozess (zu) überprüfen“, da „Lohnsteigerung zur Aushöhlung der Wettbewerbsfähigkeit führen können“. Unmissverständliche Botschaft dieses Pakts, der auch von Kanzler Faymann im Jahr 2011 unterschrieben wurde: Weg von kollektivvertraglichen Regelungen in Richtung möglichst dezentraler Lohnbildung, da dann die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften am leichtesten gebrochen werden kann.

Genau das propagiert die  EU-Kommission mittlerweile ganz offen. In der Studie der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen der EU-Kommission „Labour Market Developments in Europe 2012“ wird die Senkung gesetzlicher Mindestlöhne, die Kürzung von Arbeitslosenunterstützung und „weniger zentralisierte“ Lohnfindungssysteme gefordert, um „die Verringerung der gewerkschaftlichen Verhandlungsmacht“ zu erzwingen.

Solidar-Werkstatt: Löhne erhöhen, asoziale Erpressungspolitik beenden!

Diesen Angriffen auf die Löhne und Gehälter müssen wir entgegentreten. Es ist ebenso unsozial wie wirtschaftlich kontraproduktiv, Aktionäre zu mästen, während bei ArbeiterInnen und Angestellte der Gürtel enger geschnallt wird. Die Solidar-Werkstatt ruft deshalb zur Unterstützung der gewerkschaftlichen Aktionen auf und verweist auf den engen Zusammenhang zwischen EU-Politik und Lohndumping. Norbert Bauer, Vorsitzender der Solidarwerkstatt und selbst als Betriebsrat gewerkschaftlich aktiv: „Die ständige Drohung der großen Industriekonzerne, Kapitalabzug und Standortverlagerungen vorzunehmen, wenn die ArbeitnehmerInnen nicht zu Lohnverzicht im Interesse der Aktionäre bereit sind, kann letztlich nur begegnet werden, wenn die Einbindung in das EU-Konkurrenzregime in Frage gestellt wird. Dazu gehört auch, dass die öffentliche Hand bei großen Konzernen zumindest über die Sperrminorität verfügt, um dieser asozialen Erpressungspolitik ein Ende zu bereiten.“