Die Coronakrise hat uns die Verletzlichkeit des neoliberalen Freihandels vor Augen geführt. Dazu gibt es Alternativen, für die sich die Solidarwerkstatt einsetzt, zum Beispiel Ernährungssouveränität und Energieautarkie Österreichs.

ERNÄHRUNGSSOUVERÄNITÄT = KRISENFEST

Die aktuelle Corona-Krise zeigt, wie wichtig eine ausreichende Lebensmittelproduktion in Österreich ist und dass Ernährungssouveränität unser Ziel sei muss, damit auch in Krisenzeiten die Lebensmittelversorgung der Menschen in Österreich sichergestellt ist.

Die österreichischen Landwirte produzieren für den inländischen Verbrauch ausreichend Milch, Rinder und Schweine. Trotzdem werden lebende Tiere unter oft tierquälerischen Umständen importiert und exportiert und durch halb Europa gekarrt, etwa weil das Schlachten im Ausland billiger ist.

Während wir also bei Milch, Schweinen, Rindern eigentlich auf keine Importe angewiesen wären, sieht das z.B. bei Gemüse und Obst ganz anders aus. Obst und Gemüse werden nur zu 40 bzw. 55 Prozent im Inland erzeugt, vorwiegend Karotten, Kraut, Salat und Zwiebeln. Der Rest kommt aus anderen Ländern, oftmals weil dort Menschen unter fragwürdigen Arbeitsbedingungen für einen Hungerlohn schuften.
Wir sehen, Österreich könnte sich bereits in vielen wichtigen Bereichen gut selbst ernähren, wenn die Inlandsversorgung Vorrang vor dem Export hätte. In jenen Bereichen wo wir noch zu wenig eigene Produktion haben, könnte die Selbstversorgung erreicht werden, indem man sukzessive den Anbau in Österreich erhöht und den Inlandsmarkt vor der Konkurrenz vor Billigimporten durch Agrarkonzerne schützt.

Beides ist aber unter den Rahmenbedingungen des neoliberalen EU-Binnenmarktes nicht möglich. Wenn wir Ernährungssouveränität in Österreich haben wollen, müssen wir daher aus diesem Freihandelszwang aussteigen. Ebenso wichtig ist es, die dramatische Bodenversiegelung zu stoppen, denn derzeit geht in Österreich immer noch wertvoller fruchtbarer Boden im Ausmaß von 16 Fußballfeldern Tag für Tag verloren - durch Zersiedelung, Straßenbau usw.

Wir treten aber nicht nur für Ernährungssouveränität mit irgendwelchen Lebensmitteln ein, sondern mit biologisch hergestellten Lebensmitteln. Ist das in Österreich überhaupt möglich? Eine Studie des Zentrums für Globalen Wandel der BOKU Wien und des Forschungsinstituts für Biologischen Landbau (Mai 2018) kommt zu dem Ergebnis, dass eine flächendeckende Umstellung auf biologische Landwirtschaft die Nahrungsmittelversorgung der österreichischen Bevölkerung sicherstellen kann, wenn entweder die vermeidbaren Lebensmittelabfälle um 25 Prozent oder der Fleischkonsum um 10 Prozent reduziert wird. Beides ist sowohl machbar als auch wünschenswert. Dafür braucht es aber eine Politik, die nicht auf Massentierhaltung setzt und sich nicht den Interessen der Agrarkonzerne unterordnet, sondern sich stark macht für regionale Landwirtschaft, gesunde Lebensmittel, Umweltschutz und einen respektvollen Umgang mit anderen Lebewesen. Dann können wir auch in Krisenzeiten wie Corona krisenfest sein.


ENERGIEAUTARKIE AUFGRUNDLAGE ERNEUERBARER ENERGIE!

Die Coronapandemie zeigt die Verletzlichkeit globaler Lieferbeziehungen an. Internationale Kooperationen und Handelsbeziehungen bleiben wichtig, aber diese Krise unterstreicht die Bedeutung, in existenziellen Wirtschaftsbereichen versorgungssouverän zu werden. Neben der Ernährung ist das vor allem der Energiesektor. Die Solidarwerkstatt strebt daher ein energieautarkes Österreich auf der Grundlage erneuerbarer Energien an. Wir halten das für einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen die globale Klimaerwärmung. Wir schaffen damit eine Menge neuer Arbeitsplätze in den Regionen, schwächen die Macht der transnationalen Erdöl- und Atomkonzerne und stärken dezentrale Formen der Energiegewinnung. Und wir machen uns unabhängig von fossilen Energieimporten und geopolitischen Erpressungen.

Es ist begrüßenswert, dass im neuen Regierungsprogramm wichtige Schritte in diese Richtung festgehalten sind, z.B. soll die Stromversorgung bis 2030 auf 100% Ökostrom umgestellt und sukzessive der Ausstieg aus fossilen Energieträgern bei der Raumwärme geschafft werden. Um das zu erreichen, soll verstärkt in erneuerbarer Energieträger und in das Sparen von Energie, z.B, thermische Sanierung von Wohnungen, investiert werden.

Die härteste Nuss auf dem Weg zur Energieautarkie ist freilich der Verkehr. Hier ist das Regierungsprogramm hochgradig widersprüchlich: auf der einen Seite ein erfreuliches Bekenntnis zur Förderung des Öffentlichen Verkehrs, auf der anderen Seite ungebremster Bau neuer Autobahnen, Schnellstraßen und Flugpisten. Auch Elektro-Autos sind keine Patentlösung, denn würde der gesamte derzeitige Autoverkehr auf E-Mobilität umgestellt, würde das den Stromverbrauch enorm ankurbeln und damit die Energieautarkie ebenfalls in weite Ferne rücken.

Entscheidend ist hier, alles daran zu setzen, den Motorisierten Individualverkehr (MIV) drastisch zu reduzieren. Derzeit hat der MIV einen Anteil am Gesamtverkehr von über 60%. Diesen müssen wir auf 10 bis 15% reduzieren – der verbleibende Rest sollte auf E-Mobilität oder andere alternative Antriebsformen umgestellt werden. Das kann bis 2040 gelingen, wenn sofort begonnen wird, in diese Richtung umzusteuern.

(März 2020)

HINWEIS:
Ausführlicher zu diesen beiden Theman auch das Solidarwerkstatt-Programm zu den Themenbereichen Soziales - Wirtschaft - Umwelt