ImageSchwarz-Grün wollen am Donnerstag, 5. Juli einen Antrag auf Privatisierung der Energie AG in den oberösterreichischen Landtag einbringen. Raiffeisenboss Scharinger und Grünen-Chef Anschober unisono gegen Mitbestimmung der BürgerInnen. Ökonom warnt vor der Vernachlässigung der Investitionen in die Infrastruktur zu Gunsten kurzfristiger Dividendenausschüttungen. Vor der Landtagssitzung findet eine Protestaktion von PrivatisierungsgegnerInnen statt.

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Kundgebung gegen Privatisierung vor dem OÖ Landhaus, 5. 7. 2007
Am Donnerstag, 5. Juli werden ÖVP und Grüne gemeinsam einen Antrag auf Börsegang der Energie AG in den oberösterreichischen Landtag einbringen. Hintergrund der Privatisierung dürfte nicht zuletzt das Interesse aus heimischer Bankkreisen sein, an der Energie AG kräftig zu verdienen. Größten Appetit dürfte etwa Raiffeisenchef Ludwig Scharinger haben. Entsprechend unwirsch reagierte Scharinger auf den Vorstoß, die Privatisierung der Energie einer direktdemokratischen Abstimmungen zu unterziehen: Eine Beteiligung der Bürger an der Entscheidung sei zu unterlassen, ließ der Bankenchef von der Cote d`Azur ausrichten, denn „die Bürger verstehen von der Börse nichts.“ Diese antidemokratische Ansage von „König Ludwig“ fand Grünenchef und Umweltlandesrat Anschober, dessen Konterfei auffallend häufig in den Blättern des Raiffeisenkonzerns zu finden ist, so überzeugend, dass er Scharinger gleich nachtrabte: „Für eine Volksbefragung gebe es keinen sachpolitischen Grund“, wird Anschober im Wirtschaftsblatt zitiert (14.06.2007). Wo kämen wir da hin, wenn die eigentlichen EigentümerInnen der Energie AG, die OberösterreichischerInnen, selbst darüber entscheiden können, ob sie tatsächlich ihre langfristige Versorgungssicherheit bei Energie und Wasser zu Gunsten der kurzfristigen Profitmaximierung von Scharinger & Co aufgeben wollen.

Türöffner für Atomkonzerne. Mit der von den Grünen viel gepriesenen „heimischen Lösung“ ist freilich auch der Ausverkauf an einen ausländischen Atomkonzern keineswegs weg vom Tisch. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass diese „heimische Lösung“ letztlich darin besteht, Finanzanleger zwischenzuschalten, die – sobald der Kurs stimmt – ohne viel Federlesen an Konzerne wie EdF, EnBW oder E.ON weiterverkaufen, um ihre Spekulationsgewinne einzufahren. Auf diese Art und Weise wurde auch die VA Tech an den Atomkonzern Siemens weitergereicht. Der französische Großkonzern EdF strebt derzeit in der Steiermark die Übernahme von 49% des Landesenergieunternehmens ESTAG an. Interessanterweise wird dort die Privatisierung von SPÖ-Landeschef Voves vorangetrieben, während die ÖVP vor dem "Ausverkauf des Landessilbers" warnt.

Die Privatisierungsbefürworter haben offensichtlich gehörige Angst vor der Entscheidung der BürgerInnen. Bei der Informationsveranstaltung der Werkstatt Frieden & Solidarität (1) hat der Univ. Prof. Dr. Rainer Bartel (Ökonom, Universität Linz) dargelegt, warum die Privatisierung von Unternehmen der Daseinsvorsorge auf den wachsenden Widerstand vieler Menschen trifft. Die Erfahrungen mit der durch die EU-Liberalisierungspolitik angeschobene Privatisierung des Stromsektors weisen durchwegs ein ähnliches Muster auf:
-  anfänglichen Preissenkungen stehen mittel- und längerfristig gehörige Preissteigerungen gegenüber
- Großabnehmer werden gegenüber den kleinen KundInnen bevorzugt
-  Privatisierungen führen zum Absenken der Investitionen in die Infrastruktur zwischen 30 und 50%, um die Ansprüche der Aktionäre auf schnelles Geld befriedigen zu können.
- Dadurch wird die Instandhaltung und Wartung der Leitungsnetze vernächlässigt, sodass es bereits zu ersten Netzzusammenbrüchen gekommen ist (z.B. im Vorjahr in weiten Teilen Norddeutschlands)
- Am negativsten haben sich Privatisierung und Liberalisierung für die ArbeitnehmerInnen in den betroffenen Unternehmungen ausgewirkt: Arbeitsplatzabbau (bis zu 50% in den ersten 10 Jahren), Zunahme von Arbeitsdruck und prekären Beschäftigungsverhältnissen, Vernachlässigung der Ausbildung, usw.

Univ. Prof. Dr. Bartel führte auch aus, warum die Privatisierung der Energie AG betriebs- und volkswirtschaftlich in die Sackgasse führt. Die Energie AG schüttet derzeit eine relativ geringe Dividende aus. D.h. das meiste Geld bleibt im Unternehmen, die Eigenkapitalquote ist entsprechend hoch. „Bei einer Privatisierung müssten ca. 20 Millionen Euro Dividende zusätzlich im Jahr ausgeschüttet werden, um die Ansprüche privater Eigentümer zu befriedigen“, schätzt Bartel. Dieses Geld fehlt bei der Infrastruktur, sodass langfristig die Versorgungssicherheit gefährdet ist. Die Schlussfolgerung Bartels: „Auf Grund der hohen Eigenkapitalquote ist der Börsegang nicht notwendig, und auf Grund des dadurch entstehenden Drucks, Investitionen zu Gunsten von Dividendenausschüttungen zu vernachlässigen, nicht förderlich.“ Offensichtlich dient das durch die Kapitalerhöhung kurzfristig erlangte Geld dazu, am Privatisierungsboom in Osteuropa teilzuhaben und dort am Energie- und Wassermarkt weiter zu expandieren. Bemerkenswert ist außerdem, dass bei einem Börsegang bis zu 50 Millionen Euro an sog. „Transaktionskosten“  entstehen würden, also Geld, das in den Taschen von PR-Agenturen, Medienunternehmen und Finanzberatern versickert, um den Börsegang entsprechend inszenieren zu können.

Die Werkstatt Frieden & Solidarität ruft dazu auf, Widerstand gegen die Privatisierung unserer Grundversorgung zu leisten. Wir fordern den oberösterreichischen Landtag auf, die Entscheidung über die Zukunft der Energie AG einer Volksabstimmung zu unterwerfen. Denn der wirkliche Eigentümer eines öffentlichen Unternehmens sind schließlich alle BürgerInnen in Oberösterreich. Sie müssen das letzte Wort bei einer Entscheidung haben, wo es um unsere Grundversorgung mit Energie und Wasser geht. Die Werkstatt Frieden & Solidarität arbeitet gemeinsam mit einer Reihe anderer Organisationen aus dem gewerkschaftlichen, kirchlichen, entwicklungs- und sozialpolitischen Bereich im Rahmen der Stop GATS-Plattform zusammen, die am Donnerstag, 5. Juli 2007 vor der Landtagssitzung eine Protestkundgebung gegen den geplanten Börsegang organisiert (sh. unten). Der Widerstand gegen die Privatisierung der Energie AG hat erst begonnen.
Anmerkung:
(1) Wem gehören Energie und Wasser?, Veranstaltung der Werkstatt Frieden & Solidarität, 25.06.2007, Linz

Hinkommen! Mitmachen!
Nachhaltige Entwicklung statt schnelles Geld
Stopp-GATS gegen Energie-AG-Privatisierung
Aktion vor der Landtagssitzung am Donnerstag 5. Juli 2007
9.00- 9.45 Landhaus Linz, Eingang Klostergasse

Wir protestieren
- gegen den Verkauf den Beschluss der Privatisierung der Energie AG und
- für eine Mitbestimmung der OberösterreicherInnen  im Bereich öffentlicher Dienstleistungen

Vor ihrer Abstimmung bei der Landtagsitzung wollen wir die Abgeordneten mit unseren Forderungen konfrontieren. 

Stopp-GATS-Plattform OÖ:
Attac, DIDF-Föderation der Demokratischen Arbeitervereine, Gewerkschaftlicher Linksblock, Katholische ArbeitnehmerInnen Bewegung, Renner Institut, Südwind,  Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung, Volkshilfe,  Werkstatt Frieden & Solidarität
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