Etwa jede vierte Überstunde wurde letztes Jahr nicht bezahlt – und auch nicht mit mehr Freizeit abgegolten. Damit sind den Arbeitnehmer:innen 1,2 Milliarden Euro entgangen, deutlich mehr als im Jahr zuvor. Zu diesem Ergebnis kommt die AK Wien.

47 Millionen Überstunden wurden im Jahr 2022 nicht bezahlt – 7 Millionen mehr als in den letzten Jahren, so lautet die Auswertung der AK. Rund jede 4. Überstunde wird somit weder mit Geld noch mit Zeit abgegolten. Das entspricht unglaublichen 1,2 Milliarden Euro, die Arbeitnehmer:innen nicht bekommen haben, obwohl es ihnen zusteht. 2021 machte diese Form des Lohnraubes noch 1,03 Milliarden aus. Zum Vergleich: Durch Eigentumskriminalität wie Einbruch oder Diebstahl entstand im selben Jahr ein Schaden von „nur“ 383 Millionen Euro.

„Den Beschäftigten steht für ihre Arbeit, die sie erbringen, und ihre Arbeitszeit eine entsprechende Vergütung zu – entweder durch Geld oder Zeit. Wenn man ihnen das vorenthält, ist es eine Form von Betrug“, sagt Sybille Pirklbauer, Abteilungsleiterin für Sozialpolitik in der Arbeiterkammer Wien.

Frauen sind öfter davon betroffen: Während Männer 23 Prozent ihrer Überstunden nicht bezahlt bekommen, sind es bei Frauen sogar 28 Prozent. „Grundsätzlich haben Branchen mit insgesamt schlechten Arbeitsbedingungen oft einen hohen Frauenanteil. Und dort, wo man mit Arbeitnehmerinnen nicht gut umgeht, ist auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass Überstunden nicht angemessen bezahlt werden“, meint Pirklbauer.

Überlange Arbeitszeiten schädigen Gesundheit

In Österreich sind Überstunden generell sehr verbreitet. „Überstunden zu machen ist fast die Norm und nicht die Ausnahme“, so die Expertin. Wenn das punktuell einmal vorkommt, sei das in der Regel nicht das große Problem. Aber wenn das dauerhaft der Fall ist, wird es problematisch: „Wir wissen aus vielen Studien, dass überlange Arbeitszeiten auf Dauer die Gesundheit schädigen. Es erhöht sich die Unfallhäufigkeit, sowohl was Arbeitsunfälle betrifft, als auch Unfälle am Nachhauseweg.“

Die Wirtschaftskammer weist die Vorwürfe als „nicht richtig“ zurück. „Das ist natürlich eine Strategie, die gerne gewählt wird, wenn man es inhaltlich nicht widerlegen kann: Dann zweifelt man die Zahlen an. Grundsätzlich darf man natürlich jede Zahl hinterfragen, aber in dem Fall ist es eine Erhebung der Statistik Austria – im Auftrag der Bundesregierung. Ich glaube, solider kann es nicht werden“, so Pirklbauer.
(April 2023)

Quelle: www.kontrast.at

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