ImageZehn Tierrechts-AktivistInnen werden seit 21. Mai widerrechtlich in Haft gehalten. Das ist ein weiterer Schritt in Richtung Kriminalisierung von politischem Engagement. Auf EU-Vorgabe hin ist im Jahr 2002 im Strafgesetzbuch ein "Anti-Terror-Paragraf" eingeführt worden, der so vage ist, dass heutzutage Protestaktionen wie im Jahr 1984 die Besetzung der Hainburger Au als "terroristischer Straftatbestand" verfolgt werden könnte. Die Werkstatt fordert die sofortige Freilassung der Tierrechts-AktivistInnen und unterstützt die Solidaritäts-Aktionen.

Zehn TierrechtsaktivistInnen wurden am 21. Mai frühmorgens teilweise mit gezogener Waffe von WEGA-Beamten aus ihren Betten gerissen, ihre Wohnungen durch Hausdurchsuchungen verwüstet und anschließend über sie Untersuchungshaft verhängt. Vorgeworfen wird den AktivistInnen eine nicht näher belegte Mitgliedschaft in einer Kriminellen Organisation nach Paragraph 278a. 10 Tierrechts-Aktivisten sind seither eingesperrt – ohne konkreten Tatvorwurf, unter Verwehrung der Akteneinsicht für die Gefangenen und ihre VerteidigerInnen.  Das ist eine rechtsstaatliche Ungeheuerlichkeit und die Werkstatt Frieden & Solidarität fordert die sofortige Freilassung der politischen AktivistInnen.

Die zunehmende Kriminialisierung politisch engagierter Menschen ist freilich kein Zufall. Im Jahr 2007 wurden Gentechnik-Gegner, die in Portugal Genmais-Pflanzen umgeknickt und ausgerissen hatte, von Europol als „terroristisch“ eingestuft. Hintergrund sind die seit 2001 vom EU-Rat vorgenommenen „Aktionspläne gegen Terrorismus“. Dabei haben sich die EU-Innenminister darauf verständigt, dass unter „Terrorismus“ alle Delikte „eines Individuums oder einer Gruppe“ fallen, die „gegen einen oder mehrere Staaten, ihre Institutionen oder die Bevölkerung gerichtet sind“, sofern sie „beabsichtigen, eine Bevölkerung ernsthaft zu bedrohen oder Behörden oder eine internationale Organisation dazu zu zwingen, etwas Bestimmtes zu tun oder zu unterlassen, oder die fundamentalen politischen, verfassungsgemäßen, wirtschaftlichen und sozialen Strukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation zu destabilisieren…“ Weiters gilt als „terroristisch“ die „schwere Beschädigung an staatlichen oder öffentlichen Einrichtungen, einem Transportsystem, einer Infrastruktur… einem öffentlichen Platz oder einem Privateigentum zu verursachen, wodurch Menschenleben gefährdet oder ein beträchtlicher wirtschaftlichen Schaden hervorgerufen werden kann.“ (zit. nach Tagesschau, 9.2.2004). Regierung und Parlament haben in Österreich diese EU-Vorgaben durch die Novellierung des Strafgesetzbuches im Jahr 2002 umgesetzt und nahezu wortident in den veränderten § 278 ff. StGB gegossen. Die Formulierungen sind so vage, dass damit gesellschaftspolitisches Engagement leicht kriminalisiert und mit hohen Strafen belegt werden kann. Nach dem § 278 StGB könnte heute eine Aktion wie die Besetzung der Hainburger Au im Jahr 1984 als „terroristische Straftat“ verfolgt werden.
Mit dem EU-Reformvertrag, über den der österreichischen Bevölkerung eine Volksabstimmung verweigert wurde, soll der sog. militärische „Antiterrorkampf“ nach außen und innen sogar in Verfassungsrang erhoben werden. Die Möglichkeit, die Überwachung der BürgerInnen zu verschärfen, wird durch diesen EU-Vertrag weiter erleichtert.

Dem wachsenden Unmut der Bevölkerung gegenüber der Politik des Establishments wird von oben mit wachsendem Demokratieentzug, Repression und Überwachung begegnet. Heute werden Tierrechts-AktivistInnen kriminalisiert, morgen trifft es FriedensaktivistInnen, UmweltschützerInnen und GewerkschafterInnen. Der Anschlag auf die Tierrechts-AktivistInnen (be-)trifft alle, die sich politisch engagieren. Es ist ein Anschlag auf Demokratie und Rechtsstaat. Das dürfen wir nicht hinnehmen!

Wir fordern daher:
- Sofortige Freilassung der widerrechtlich inhaftierten Tierrechts-AktivistInnen!
- Demokratieverträgliche Neufassung des § 278 StGB!

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Bericht von der Solidaritätsdemo am 6. Juni in Linz:

Gestern fand quer durch die Linzer Innenstadt ein lautstarker Protest
gegen die zu Unrecht inhaftierten TierrechtlerInnen statt. Mit
Transparenten "Tieren helfen ist kein Verbrechen" und „§278a: Getroffen
hat es einige, gemeint sind wir alle“ forderten die AktivistInnen die
„Sofortige Freilassung der widerrechtlich inhaftierten TierrechtlerInnen.“

Der Demozug machte an mehreren Plätzen halt und informierte die
interessierten PassantInnen über den österreichischen Justizskandal.
Selbstverständlich wurde auch vor dem Pelz-verkaufenden Geschäft
„Kleider Bauer“ halt gemacht, um darauf aufmerksam zu machen, dass
Kleider Bauer anstatt die importierten Pelze endlich aus dem Sortiment
zu nehmen, lieber Detektive auf TierschützerInnen angeheuert hat, um
vergeblich nach einer Straftat der AktivistInnen zu suchen.

Dass Solidarität nicht nur ein Wort ist, bewies auch Boris Lechthaler,
Aktivist der Werkstatt für Frieden und Solidarität in Linz. Mit seiner
eindrucksvollen Rede machte er auf internationale Parallelen der
politischen Verfolgung friedlicher AktivistInnen aufmerksam und betonte,
dass Menschen, die Missstände aufzeigen, nicht einfach verfolgt werden
dürfen. Ebenso würden jetzt die Menschen, die damals die Hainburger Au
besetzt haben, um dieses Naturparadies zu retten, nach §278a verfolgt
werden. Er forderte die sofortige Freilassung der widerrechtlich
inhaftierten TierrechtlerInnen.

Am Dienstag, dem 10. Juni, wird es im Büro der Werkstatt für Frieden und
Solidarität ein großes Treffen für alle AktivistInnen geben, um die
weitere Vorgehensweise zu besprechen. Alle Menschen sind aufgerufen
hinzukommen und mitzudiskutieren, wie wir den Gefangenen weiter helfen
können.

Wann: 10. Juni 2008, Beginn: 19:00
Wo: Werkstatt Frieden & Solidarität, Waltherstr. 15, A-4020 Linz

Betty