ImageÜber 100 Menschen sind in Afghanistan in der Region Kundus bei einem Luftangriff, der von der deutschen Bundeswehr angeordnet worden ist, ums Leben gekommen. Die Werkstatt fordert angesichts dieses Massakers erneut das Ende der militärischen Anbindung Österreichs an die deutsche Bundeswehr und den sofortigen Rückzug österreichischer SoldatInnen aus Afghanistan und aller anderen NATO- und EU-Militärmissionen.


Seit dem EU-Beitritt läuft auch auf militärischer Ebene ein (un)heimlicher „Anschluss“ an Deutschland, und das auf mehreren Ebenen:

-     es wird vorzugsweise deutsches Kriegsgerät angekauft (Panzer Leopard, Eurofighter)

-     die Vertreter deutscher Rüstungskonzerne (Daimler, Thyssen-Krupp, Siemens) bestimmen maßgeblich in der ÖIAG die Industriepolitik des Landes

-     die Anbindung des österreichisches Bundesheers an die deutsche Bundeswehr wird zunehmend intensiver: Bei den Auslandsmissionen, ob am Balkan, in Afrika oder in Afghanistan operieren österreichische SoldatInnen vorwiegend unter deutschem Kommando. Österreichische Offiziere sind beim sog. „Force-Headquarter“ in Ulm, das als deutsche Kommandozentrale für die Einsätze der EU-Battle-Groups agiert, „eingebaut“; am Aufbau einer deutsch-österreichisch-tschechischen Schlachtgruppe wird derzeit gearbeitet. Auch bei Militärmanövern agiert das Bundesheer immer öfter im Schlepptau Berlins. So wurde erst im Frühjahr 2009 bei der Übung „European Endeavour 2009“ der Einmarsch einer 40.000 Mann/Frau starken EU-Truppe in die Kaukasus-Region geübt, bei der österreichische Soldaten „die Ehre hatten die Schwerpunktübung des Generalinspekteurs der deutschen Bundeswehr mitzugestalten zu dürfen". (O-Ton eines beteiligten österreichischen Offiziers lt. Presseaussendung des Verteidigungsministeriums, 06.05.2009)

Der Massenmord an über 100 Menschen in der afghanischen Region Kundus, der von der deutschen Bundeswehr in Auftrag gegeben wurde, zeigt, wohin die Reise solcher Militäreinsätze geht. Auch in Afghanistan stehen derzeit einige österreichische Offiziere unter deutschem Kommando im Einsatz, um am Hindukusch „die herrschende Weltordnung zu verteidigen“ (1), wie die großbürgerliche Frankfurter Allgemeine Zeitung einmal in schonungsloser Offenheit zugab (FAZ, 13.08.2006, sh. Anmerkung unten).

Die militärische Anbindung Österreichs an Deutschland ist im Staatsvertrag mit gutem Grund verboten. Der Staatsvertrag ist neben dem Neutralitätsgesetz eine der zentralen antifaschistischen und friedenspolitischen Konsequenzen, die aus den beiden verheerenden Weltkriegen gezogen wurde. Doch exakt jene Artikel des Staatsvertrages, die die militärische Kooperation mit Berlin verbieten, wurden bereits von der Regierung Vranitzky Anfang der 90er Jahr in einem juristischen Hasardakt, der seinesgleichen sucht, für „obsolet“ erklärt – ohne Einbindung des Parlaments und unter Ausschaltung der Signatarstaaten. Während die Regierungen einen oberflächlichen Antifaschismus zelebrieren, treten sie die antifaschistischen Fundamente der 2. Republik wie den Staatsvertrag und das Neutralitätsgesetz mit Füßen und bereiten damit dem Aufstieg der deutschnationalen extremen Rechten rund um die FPÖ der Boden auf.

Die Werkstatt Frieden & Solidarität fordert angesichts des Kriegsverbrechens in Kundus einmal mehr die Anwendung aller Artikel des Staatsvertrages: D.h. sofortigen Ausstieg aus der Anbindung an die deutsche Bundeswehr und die deutsche Rüstungsindustrie, sofortiger Rückzug österreichischer SoldatInnen aus Afghanistan und allen anderen EU- und NATO-Militärmissionen!


Anmerkung:

(1) "Die Politiker müssen der deutschen Öffentlichkeit beibringen, dass geschichtliche, humanitäre und vordergründige materielle Erwägungen nicht der Grund dafür sind, dass deutsche Soldaten zu Konfliktherden geschickt werden. Im Kern geht es um etwas Grundlegenderes: Deutschland leistet seinen Beitrag zur Aufrechterhaltung der herrschenden Weltordnung, von der es profitiert wie wenig andere Länder." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.08.06)