solidarstaat 2017 4Seit einigen Jahren schon laden Solidarwerkstatt und DIDF rund um den 15. Mai, dem Jahrestag der Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrags, zur Aktion „SolidarstaAt statt EU-Konkurrenzregime!“ in Wien ein. Heuer fand diese Aktion am 14. Mai am Platz vor dem Denkmal der Republik statt. Ein kurzer Rückblick.


Bei dieser Kundgebung erläuterten AktivistInnen aus verschiedenen Blickwinkeln, warum sie der Meinung sind: „SolidarstaAt statt EU-Konkurrenzregime“!

„Superstruktur“ gegen den demokratischen Willen

Der Österreichische Staatsvertrag ist eine zentrale Grundlage der 2. Republik. Er steht für ein soziales, demokratisches und antifaschistisches Österreich. Seit dem EU-Beitritt findet eine Demontage dieser Grundlagen der 2. Republik statt: Der neoliberale EU-Binnenmarkt treibt den Sozialabbau an und ist Nährboden für die Ausbreitung von Rechtsextremismus und Rassismus. Entdemokratisierung – z.B. durch das vor kurzem beschlossen Versammlungsgesetz – und ein überbordender Überwachungsstaat schränken zunehmend die Grund- und Freiheitsrechte ein. Die EU ist eine „Superstruktur, die dafür sorgt, dass der demokratische Wille nicht mehr zählt.“ (Willi Langthaler, PK Euroexit gegen Sozialabbau).
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„Gewaltige Maschine zur Umverteilung“

"Die EU ist eine gewaltige Maschine zur Umverteilung von Reichtum und Macht von unten nach oben“ (Boris Lechthaler, Solidarwerkstatt). So hat die AK OÖ errechnet, dass seit dem EU-Beitritt durch die Umverteilung von Arbeit zu Kapital den ArbeitnehmerInnen mittlerweile drei Wochen Urlaub im Jahr vorenthalten werden. Die über den EU-Fiskalpakt und andere EU-Bestimmungen durchgesetzte Sparpolitik führt einerseits zur Anhäufung von privatem Reichtum bei wenigen und andererseits zu öffentlicher Armut, die viele zu spüren bekommen, z.B. über die „Deckelung“ der Gesundheitsausgaben. Dadurch droht auch in Österreich die Zwei-Klassen-Medizin zunehmend Einzug zu halten.
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Aktive Neutralität statt EU-Militarisierung

Neben dem Staatsvertrag zählt auch das Neutralitätsgesetz zu den unverzichtbaren Grundlagen der 2. Republik, die seit dem EU-Beitritt ausgehöhlt werden. Die EU ist – ähnlich der NATO – mittlerweile ein Militärpakt geworden, der zu militärischem Beistand und permanenter Aufrüstung verpflichtet und Österreich in militärische Konflikte und geopolitische Konfrontationen hineinzieht. Wir treten dagegen für ein aktiv neutrales Österreich ein, das sich international für Dialog und Abrüstung engagiert statt bei der EU-Militarisierung mitzumarschieren. Denn: „Die Neutralität ist eines der besten Instrumente, mit denen die 2. Republik ausgestattet ist.“  (Werner Haider, Aktivist für aktive Neutralität).
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Volksabstimmung über Freihandelsverträge

Die EU ist ein Treibriemen für neoliberale Freihandelsverträge im Interesse der großen Konzerne. Die EU verhandelt solche Freihandelsverträge, die Konzerne mit einer neuen Machtfülle gegenüber gewählten Parlamenten ausstatten sollen, nicht nur mit Kanada (CETA) oder den USA (TTIP), sondern auch mit Japan, Indien, Australien, den AKP-Staaten (Afrika-Karibik-Pazifik) sowie einer Reihe von lateinamerikanischen Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay). In der Ukraine hat das EU-Establishment nicht einmal davor zurückgeschreckt, mit Hilfe von neofaschistischen Kräften einen Regime-Change durchzusetzen, um das Freihandelsabkommen EU-Ukraine durchzupeitschen. Daher unsere Forderung: Kein Mandat für die EU-Kommission, solche Freihandelsverträge in unserem Namen zu verhandeln. Volksabstimmung über CETA & Co!
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EU-Regime und Rechtsextremismus arbeiten sich gegenseitig zu

Die Solidarwerkstatt hat von Anfang an die EU abgelehnt. In den 22 Jahren seit dem EU-Beitritt haben sich unsere Warnungen nicht nur bestätigt, sie sind vielfach von der Realität übertroffen worden. Gewerkschaften und fortschrittliche NGOs teilen mittlerweile oftmals unsere EU-Kritik, strategisch mündet diese jedoch meistens in der Forderung nach einer „anderen“, einer „sozialen“ EU, weil anderenfalls die Machtübernahme der FPÖ drohe. Dabei wird zweierlei ausgeblendet:
- EU-Konkurrenzregime und Rechtsextremismus arbeiten sich gegenseitig zu, ideologisch verbunden durch Sozialdarwinismus und abendländischen Herrenmenschendünkel. Die FPÖ selbst ist Antreiber und Propagandist dieses EU-Regimes – z.B. mit der Forderung nach Teilnahme Österreichs an einer EU-Armee. Mit der Vorlage eines asozialen Sparprogramms, das die Forderungen von EU-Kommission und Industriellenvereinigung übernimmt, bereitet sich die FPÖ auf die Regierung vor.
- Der Neoliberalismus ist im EU-Primärrecht einzementiert: „Die Interessen der großen Kapitalgruppen sind eingeschrieben in die EU-Architektur" (Norbert Bauer, Vorsitzender der Solidarwerkstatt).

Bruch mit EU-Konkurrenzregime – EU-Austritt!

Die Solidarwerkstatt hat daraus die Konsequenzen gezogen. Wir fordern den Bruch mit dem EU-Konkurrenzregime, wir fordern den Austritt Österreichs aus der EU „nicht weil wir gegen völkerverbindende Integration sind, sondern weil wir wissen, dass die Erringung eines neutralen, solidarischen und weltoffenen Österreichs unabdingbare Voraussetzung dafür ist.“ (Programm der Solidarwerkstatt). Der EU-Austritt löst mit Sicherheit nicht alle Probleme, aber er schafft wieder Freiraum für solidarische und demokratische Alternativen. Dafür haben wir am 14. Mai 2017 wieder ein Zeichen gesetzt. Vielen Dank an Werner Haider (Neutralitätstuba) und Valentin Konecovsci  (Akkordeon), die Kundgebung und Picknick am Platz der Republik musikalisch begleitet haben.
(Mai 2017)

Sh. dazu auch das Solidarwerkstatt-Dossier EU-Beitritt und seine Folgen