panzer tuerkeiZu Recht wird die autoritäre Entwicklung in der Türkei heftig kritisiert. Kaum ein Thema ist jedoch, dass die Rüstungsgeschäfte von EU-Staaten mit der Türkei munter weitergehen. Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall, der auch in Österreich Kriegsgerät produziert, will in der Türkei Panzer für die türkische Armee herstellen.


Rheinmetall hält 40 Prozent an der neuen türkischen Tochterfirma RBSS, einem Gemeinschaftsunternehmen mit Partnern aus der Türkei und Malaysia, das Panzer für die türkische Armee produzieren soll. Um Exportgenehmigungen zu umgehen, hat Rheinmetall einen neuen Weg gewählt: Was man nicht exportieren könne, entwickle man einfach vor Ort in der Türkei neu, so der Rheinmetall-Manager Andreas Schwer (sh. stern, 14.3.2017). Einer der Rheinmetall-Partner ist das türkische Unternehmen BMC, das vom Oligarchen Ethem Sancak geführt wird. Er gilt als fanatischer Erdoğan-Anhänger. Von Sancak wird der Ausspruch zitiert, dass ihn eine „göttliche Liebe“ mit dem Präsidenten verbinde. Für Erdoğan würde er sogar „Mutter, Vater und Kinder opfern“ (zit. nach greenpeace-Magazin, 8.3.2017).

Am Rheinmetall-Partner BMC halten auch Vertreter der Golfdiktatur Katar Anteile. Laut dem Branchendienst Defense News laufen bereits Verhandlungen zwischen dem Rheinmetall-Gemeinschaftsunternehmen RBSS und dem Emirat Katar über die Lieferung von 1.000 gepanzerten Fahrzeugen aus türkischer Produktion. Katar gilt als einer der Hauptförderer jihadistischer Gruppierungen in Syrien. Man kann daher davon ausgehen, dass dieses Kriegsgerät bald wieder auf den Kriegsschauplätzen im Nahen Osten auftauchen wird.

Das Rheinmetall-Rüstungsgeschäft mit der Türkei zeigt zweierlei:

Erstens: Die Kritik der EU-Staaten an der autoritären Entwicklung in der Türkei ist zutiefst heuchlerisch. Diese Staaten waren und sind – neben den USA – die Hauptlieferanten von Waffen für die türkische Armee. Die EU-Staaten haben gemeinsam mit der Türkei und den Golfdespotien jahrelang jihadistische Gotteskrieger in Syrien unterstützt, um einen Regime-Change in Damaskus zu betreiben. Die einhellige Unterstützung von EU, Türkei und Golfdespotien für den jüngsten völkerrechtswidrigen US-Militärschlag gegen den syrische Armee Anfang April 2017 zeigt, dass diese RbJ-Allianz („Regime-Change by Jihad-Support“) hinter den Kulissen weiterläuft. Der Militärisch-Industrielle-Komplex verdient prächtig an dieser Allianz.

Zweitens: Rheinmetall hat in Österreich nichts verloren! Der deutsche Rüstungskonzern lässt im oberösterreichischen Rüstorf bei Schwanenstadt Granaten produzieren, die u.a. von der Saudi-arabischen Streitkräften zur Niederschlagung von Aufständen im eigenen Land eingesetzt wurden. Auf den Offenen Brief der Solidarwerkstatt „Kein Platz für Rheinmetall in (Ober-)Österreich!“ an die Abgeordneten von Nationalrat und OÖ-Landtag hat es bislang keine Reaktionen gegeben.
(18.4.2017)

Quelle:
https://correctiv.org/recherchen/stories/2017/03/09/deutsche-panzer-fuer-erdogan/

Nachtrag:

Solidaritätshungerstreik mit der politischen Gefangenen in der Türkei

Die Panzer der türkischen Armee werden unter anderem im Kampf gegen die kurdische Minderheit in der Türkei eingesetzt. Derzeit sind die türkischen Gefängnisse voll von politischen Gefangenen. Mehr als hundert politische Gefangene befinden sich seit mehr als 60 Tagen in einem unbefristeten Hungerstreik. Zur Unterstützung dieser Gefangenen haben auch in Österreich  Solidaritätshungerstreiks von AktivistInnen des „Rats der Kurdischen Gesellschaft in Österreich“ (FEYKOM) stattgefunden.

In Linz hat die Solidarwerkstatt zur Unterstützung dieser Solidaritätsaktion ihr Büro für die Hungerstreikenden zur Verfügung gestellt (sh. Bild unten). Die Forderungen sind u.a. die Verbesserung der Haftbedingungen, die Beendigung der Festnahmen und Verhaftungen aufgrund von Meinungsäußerung und politischer Arbeit sowie die Beendigung der militärischen und politischen Repressionen gegenüber der Bevölkerung.

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