freihandel protestWir bringen einen Leserbrief von Peter Humer (Wels) vom 11. Februar 2017 zum Thema CETA & Co. Seine Vorausschau, dass das EU-Parlament das neoliberale Handelsabkommen durchwinken wird, ist mittlerweile eingetroffen. Sein Resümee: "Die Geschichte wird erkennen, dass wir von einer Politikergeneration angeführt wurden, die mit der Weitsicht von Maulwürfen ausgestattet waren. Das ist nur die höfliche Sichtweise."


CETA steht nicht für faire Handelspolitik sondern für das ungezügelte Wachstum von Konzernen. Für Konzentrationsprozesse, nicht für wirtschaftliche Vielfalt. Für globale Agrarkonzerne, nicht für sinnvolle Nahversorgung. Für Umweltzerstörung, nicht für Nachhaltigkeit. Für rücksichtlosen Profit, nicht für den gesellschaftlichen Ausgleich. Die Bosse und ihre politischen Lobbys sind ungehalten über unsere Ablehnung. Sie sagen, CETA wäre in unserem Interesse. Als hätten sie jemals ohne Druck der Gesellschaft Verantwortung für das öffentliche Wohl übernommen. Politik hätte die Aufgabe, die Balance zwischen den Schwachen und den Starken zu halten. Unsere kulturelle und wirtschaftliche Vielfalt und Demokratie zu bewahren. Das allgemeine Interesse vor Einzelinteressen zu setzen. Die Bürger vor den Mächtigen zu schützen. Politik hätte die Pflicht, die Säulen der Verfassung zu schützen. Dazu gehört, dass durch Wahlen die Gesellschaft gesteuert, Entwicklungen gestoppt oder umgekehrt werden können. Nur dann kann von Demokratie gesprochen werden. CETA und CO können nach der Unterschrift nicht mehr geändert oder gekündigt werden. Egal was wir oder unsere Kinder und Enkel künftig wollen.

Natürlich ist es für die politischen Eliten in Europa lustvoller, sich mit den gebildeten, feingeistigen Eliten des Wirtschafts- und Finanzkapitals zu treffen, Probleme zu besprechen und Verständnis für ihre Wünsche zu haben. Der Umgang mit „ordinären“ Durchschnittsbürgern ist viel schwieriger. Bürger die einfach nicht verstehen wollen, dass die demokratische Selbstbestimmung nicht mehr zeitgemäß ist. Sie meinen, dass wir unsere bürgerlichen Rechte schrittweise aufgeben und unser Schicksal in die Hände der europäischen Lobbys legen sollen. Sie meinen dass man Wirtschaft studiert haben muss um zu verstehen, dass die Löhne, Pensionen und Sozialleistungen gesenkt werden müssen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, sagen sie. Um den Anteil am Kuchen für die Vermögenden zu vergrößern, sage ich.

Gewaltige, durch Steuerprivilegien und Steuerflucht erworbene Vermögen warten nur darauf, unsere Klein- und Mittelbetriebe, die Lebensmittelproduktion und unsere öffentlichen Dienstleistungen und Sozialversicherungssysteme zu schlucken. Sie wollen sich in unser Leben drängen, möchten aber den ordnenden Rechtsstaat entmachten. Sie wollen verhindern, dass sich der Gesetzgeber in ihre Angelegenheiten mischen kann. Sie wollen unsere Verfassung aushebeln. Während Bürger sich gefallen lassen müssen, dass eine Regierung ihre Pensionserwartung schmälert, werden Konzerne entschädigt, wenn ihre finanziellen Interessen vom Gesetzgeber beeinträchtigt werden.

Die Harmonisierung der Autoblinker z.B. wäre leicht gewesen. Uns um Demokratie und Rechtsstaat zu betrügen, braucht aber seine Zeit. In den nächsten Tagen wird die konservative Mehrheit im sonst machtlosen EU-Parlament ihrem Verständnis für die Bedürfnisse der großen Konzernlobbys gerecht. Sie geben grünes Licht für die demokratische Talfahrt. Es wird der Tag kommen, an dem allgemein ruchbar wird, dass die EU-Kommission, die überhebliche EU-Bürokratie., die europäischen Regierungschefs und das EU-Parlament bereit sind, uns die bürgerlichen Rechte zu entziehen. Uns zu enteignen. Unser vergleichsweise funktionierendes Allgemeinwohl aufs Spiel zu setzen. Sie haben bis heute nicht begriffen, dass sie gleichzeitig die Europäische Union in den Abgrund schicken. Die Geschichte wird erkennen, dass wir von einer Politikergeneration angeführt wurden, die mit der Weitsicht von Maulwürfen ausgestattet waren. Das ist nur die höfliche Sichtweise.