norbert bauerRede von Norbert Bauer, Vorsitzender der Solidarwerkstatt Österreich, bei der „Langen Nacht des Friedens“ am 1. Juli 2016 in Linz.

 

Liebe Freundinnen, liebe Freunde der Solidarwerkstatt,

ich möchte heuer und heute meine Überlegungen zu dieser Thematik an zwei Vorträge anknüpfen, welche der Heidelberger Theologe Dr. Bonifaze Mabanza vor wenigen Wochen in Linz und Wien über die Freihandelsverträge der Europäischen Union mit den Afrikanischen Nationen gehalten hat. Er bezeichnete die Auswirkungen dieser EPA's (European Partnership Agreement) auf Afrika -Zitat: “wie Krieg gegen die Armen“. Also macht es, so denke ich, Sinn für friedensbewegte Menschen, sich auch mit solchen Formen von „Krieg“ zu beschäftigen und um Wege zur Befriedung auch solcher Konflikte zu ringen.

lnf2016 1EU-Verträge: „Eine Art Kriegserklärung an Sozialstaat, Staatsvertrag und Neutralität“

Und genau das tun wir von der Solidarwerkstatt Österreich seit Jahren, und zwar nicht nur in Hinblick auf die von mir eingangs erwähnten EU-Freihandelsverträge mit Afrika, sondern vor allem auch in Hinblick auf sämtliche EU- Verträge und machen dabei selbstverständlich auch vor den EU- Primärverträgen, speziell also dem Vertrag von Lissabon nicht halt. Denn sind nicht auch diese Verträge eine Art „Kriegserklärung“? - eine Art Kriegserklärung an den Sozialstaat und dessen Errungenschaften. Wir erinnern uns in diesem Zusammenhang an die Ansage des EZB- Chefs Dragi, dass eben dieser „Sozialstaat ein Auslaufmodell“ sei.

Eine Art Kriegserklärung an zentrale Elemente des österreichischen Staatsvertrages, „keine wie immer geartete politische oder wirtschaftliche Vereinigung mit Deutschland ein[zu]gehen“ (Art. 4, Anschlussverbot), und auch vor allem eine Art Kriegserklärung an die Immerwährende Österreichische Neutralität , welche mit diesem EU-Vertrag von Lissabon und seiner Beistandsverpflichtung (die übrigens schärfer ist als die der NATO) und seiner Verpflichtung zur ständigen Aufrüstung (Verteidigungsargentur), seiner Verpflichtung zur Teilnahme an den EU-Schlachtgruppen (wo Österreich seit Juli 2016 wieder „Gewehr bei Fuß“ stehen muss) und einer im Aufbau begriffenen EU-Armee definitv VÖLLIG UNVEREINBAR ist.

Wo ist Licht am Ende des Tunnels?

„Wo also ist das Licht am Ende des Tunnels“, wurde Dr. Mabanza nach seinen Vorträgen immer wieder gefragt. Wo ist das Licht am Ende des Tunnels angesichts der tristen realen politischen Gegebenheiten? Wir von der Solidarwerkstatt argumentieren: Wenn diese Verträge der Europäischen Union, sowohl die Freihandelsverträge als auch die EU-Primärverträge eine Art Kriegserklärung sind, dann müssen wir als friedensbewegte Menschen aus diesen Verträgen aussteigen, um uns damit einen Strauß an neuen Möglichkeiten politischen Agierens zu eröffnen, - angefangen von einer Sozialpolitik, welche diesen Namen auch verdient, bis hin zu einer wirklichen Aktiven Friedens-, und Neutralitätspolitik, die wieder ernstgenommen werden kann. 

Entkleidet man die Europäische Union sämtlicher politischen Mythen, entpuppt sie sich nicht als Friedensprojekt, sondern als militaristisches, neoliberales Großmachtsprojekt. Aus diesem gilt es daher auszusteigen!

Die Bevölkerung Großbritanniens hat sich mehrheitlich zu so einem Ausstieg entschlossen. Wir von der Solidarwerkstatt unterstützen – auch mit dieser Langen Nacht des Friedens – jede und jeden, welche sich hier in Österreich in diesem Sinne engagieren möchte.

Möge dieser Langen Nacht des Friedens daher aller erdenkliche Erfolg beschieden sein.

Norbert Bauer
1. Juli 2016