Die Tiroler und Oberösterreichische Wirtschaftskammer haben ihre Mitglieder aufgerufen, Arbeitslose, die sie für "arbeitsunwillig" halten beim AMS zu vernadern, damit diesen das Arbeitslosengeld gestrichen wird. Der Unternehmer Johann Zuljvic-Salamon (Die Querdenker) protestiert in einem Offenen Brief an "seine" Interessensvertretung gegen diese Ungeheuerlichkeit.
OFFENER BRIEF
an
Wirtschaftskammer OÖ
Hessenplatz 3
4020 Linz
Linz, 23.06.2016
Guten Tag,
mit meinem Schreiben möchte ich aufs Schärfste gegen die Aussendung der Wirtschaftskammer "Viele Arbeitslose - viele offenen Stellen" (siehe Beilage) protestieren. Ich bin selber Unternehmer und ich finde Ihre Pauschalunterstellung und Ihr Vorgehen infam und unwürdig. Sie rufen damit eindeutig zum Vernadererturn auf, und dies obwohl das AMS selbst die Wirksamkeit von Sanktionen gegenüber sogenannten "Arbeitsunwilligen" bezweifelt.
Wie gesagt, ich bin selber Unternehmer und betreibe ein Unternehmen in St. Leonhard bei Freistadt und in Linz. ln den vergangenen Jahren habe ich wiederholt Stellen zu besetzen gehabt, darunter auch durchaus nicht so attraktive im landwirtschaftlichen Bereich. Bisher wurden mir jedes Mal absolut ausreichend Bewerberinnen vom AMS Freistadt und AMS Linz geschickt, und ich fand genügend interessierte Personen, um meinen Personalbedarf zu decken. Vielleicht hat das nicht Besetzen können von bestimmten Stellen ja durchaus auch etwas mit den Betrieben zu tun, die Arbeitskräfte suchen.
Was qualifiziert Ihrer Meinung nach Unternehmerinnen dazu, festzustellen, ob jemand nur den "Stempel abholen" will? Warum attestieren Sie allen Unternehmerinnen von Haus aus eine ausreichende ethische und moralische Kompetenz, um dies feststellen zu können? ln meinem Beruf arbeite ich seit 32 Jahren in der beruflichen Integration. Dabei habe ich sehr viele Unternehmerinnen erlebt, die sich im Bewerbungsprozess absolut daneben und unfähig benommen haben. Glauben Sie nicht, dass ein Vorgehen, das eine durchaus manchmal existenzgefährdende finanzielle Sanktion nach sich ziehen kann, eine Grundlage benötigt, die zumindest im Ansatz valide und nachvollziehbar ist?
Ihr Appell ist alles andere als das. Unternehmerinnen und jeder/jede Personalverantwortliche, die Ihrer Aufforderung folgen, können damit jedem Bewerber und jeder Bewerberin schaden, ohne dass es dafür ein geeignetes Beurteilungssystem gibt. Entscheidend ist lediglich ein kurzer persönlicher Eindruck, der von vielen verschiedenen Faktoren (persönliche Abneigung, Vorurteile, Zeitdruck etc.) beeinflusst sein kann. Es tut mir leid, dass dies in einem Rechtsstaat möglich ist, und dass Sie ganz offen zum zumindest sehr lockeren Umgang mit dieser Rechtsmaterie aufrufen.
Ich fordere Sie daher auf, diese Aussendung umgehend zurückzunehmen. Sie ist gänzlich unberechtigt und infam. Als unsere Reaktion werden wir im Rahmen unserer Netzwerke arbeitslose Menschen aufrufen, uns Unternehmen namhaft zu machen die
• es nicht der Mühe wert finden auf eingelangte Bewerbungen zu antworten,
• oder die nicht in der Lage sind, bereits besetzte Stellen vom Netz zu nehmen,
• oder die Dienstverhältnisse nach dem Ende der finanziellen Förderung durch das AMS sehr zeitnahe wieder auflösen
• oder die sich sonst im Bewerbungsprozess irgendwie daneben benommen haben.
Wir werden uns dann darum kümmern, dass sich diese Infos im Netz verbreiten. Zugegeben kein besonders feines Verhalten, aber qualitativ auf dem selben Niveau wie das Verhalten der Wirtschaftskammer.
Johann Zuljvic-Salamon
Die Querdenker
Brief der Wirtschaftskammer: