Wegweiser mit Aufschrift  Future next ExitDas "Linke Jugendnetzwerk" ARDIN ist eine Organisation griechischer Jugendlicher und Studierender. ARDIN, die bei den jüngsten Studierendenwahlen 16% der Stimmen erreichte, spricht sich klar für den Austritt aus der EU aus, die für immer mehr Jugendliche Prekarität und Arbeitslosigkeit bedeutet. Hier die Übersetzung eines aktuellen Flugblatts von ARDIN.

Es ist heute offensichtlich, dass die Europäische Union in Wirklichkeit nichts mit den großen Versprechungen und blumigen Deklarationen zu tun hat, die es immer wieder gegeben hat. Wenn die EU für frühere Generationen mit Wohlergehen, Wohlstand und Sicherheit verbunden war, so ist sie für die jüngeren Generationen nichts dergleichen. Die Jugend hat eine EU kennengelernt, die

 

=> endlose Memoranda (Spardiktate, Anm. d. Red.) auferlegt hat, unser Land als Kolonie betrachtet, seinen Wohlstand und seine Produktivkräfte versteigert, was z.B. bei öffentlichen Unternehmungen (sh. Flughäfen) zum Ausverkauf an die Deutschen geführt hat

 

=> die Rassismus gegen die GriechInnen schürt durch ständige Angriffe, sie seien “faul” und “problematisch”

 

=> die auf jede erdenkliche Weise gezeigt hat, dass die Abstimmung der Bevölkerung bei Wahlen und Referenden für sie nichts bedeutet; das einzige was für sie zählt ist die Entscheidung der Europäischen Bürokratie und Banken. Gerade wir in Griechenland kennen das sehr gut! Europäische Union und Demokratie sind zwei unvereinbare Begriffe!

 

=> die Gesetze erlässt, die die Rechte der ArbeitnehmerInnen und die Arbeitsplätze unserer Generation zerstören – entweder durch Memoranda für die Länder Südeuropas, durch die Deregulierung der Arbeitsbeziehungen wie z.B. in Frankreich oder durch Austeritätspolitik für den Rest Europas. In Griechenland werden wir die “500 Euro-Generation” genannt, in Frankreich “die 800-Euro-Generation. In Griechenland sind wir eine arbeitslose Generation, in ganz Europa sind wir die Generation, die in Unsicherheit und Prekarität lebt. Unsere Eltern hatten ein stabiles Einkommen, einige Ersparnisse und einigermaßen die Möglichkeit, ihr Leben zu organisieren. Unsere Generation ist zu ständiger Unsicherheit und Armut verurteilt. Das ist die Politik, die von der EU gefördert und diktiert wird.

 

=> die im Namen “der Förderung der Demokratie” aktiv zum Krieg in Syrien beigetragten hat, der den faschistischen “Islamischen Staat” hervorgebrachte und massenhaft Menschen zu Flüchtlingen macht. Nun betreibt die EU eine zutiefst rassistische Politik gegen diese Menschen, für deren Flucht sie die Verantwortung trägt. Sie sperrt die Flüchtlinge durch eine Politik der geschlossenen Grenzen in Griechenland ein und verwandelt dadurch gleichzeitig Griechenland in eine “Lagerhalle der Seelen”. Die EU baut – mit der Zustimmung der griechischen Regierung – überall in Griechenland neue “Amygdalezas” (ein Flüchtlingslager, Anm. d. Red.) und beseitigt internationale Verträge. Die EU fördert Hass und Rassismus, sie ist eine Brutstätte für Rechtsextremismus und Faschismus!

 

=> Die EU fördert Privatisierung und Kommerzialisierung der Bildung. Sie verwandelt die Bildung in einen lebenslangen Prozess des Punkte- und Diplomsammelns, in der diejenigen am meisten sammeln, die am meisten zahlen können.

 

[…]

 

Einzige Chance: Austritt aus der EU

 

Im Europa der EU kommt die Jugend um! Unsere einzige Chance auf ein anderes Leben ist der Bruch mit der EU und der Austritt aus der EU. Denn die EU war nie als Zusammenschluss und Vereinigung verschiedener europäischer Staaten gedacht und wird es auch nie werden, wo sich Staaten wie Griechenland Deutschland oder Dänemark annähern können, im Gegenteil: Die EU ist eine Form institutionalisierter politischer und ökonomischer Ungleichheit und Ausbeutung, die auf fundamentalen Gegensätzen errichtet ist. Das ist der Grund, warum Griechenland im Zuge der internationalen Krise zum “großen Patienten” wurde. Die riesigen privaten und öffentlichen Schuldenberge in einer Vielzahl von Staaten, die Rezession und der enorme Prozentsatz an Armut und Arbeitslosigkeit insbesondere bei Jugendlichen sind das Gesicht dieses Europas. Auf der einen Seite gibt es Unmengen an Geld für das “Überleben” der Banken, die nach wie vor unter privater Kontrolle sind, auf der anderen Seite gibt es Spardiktate, sodass 26 Millionen junger Menschen in ganz Europa mit Armut und sozialer Ausgrenzung konfrontiert sind. Für die Länder Südeuropas (Griechenland, Spanien, Italien) ist das die Perspektive für 30% und mehr der Jugendlichen.

 

Die EU-Mitgliedschaft bleibt die strategische Wahl der griechischen Bourgeoisie und ihrer Repräsentanten (politische Parteien, Medien). Deshalb haben sie die EU in all diesen Jahren verteidigt, ungeachtet der politischen und wirtschaftlichen Kosten. Von den Memorandumsparteien Nea Dimokratia und PASOK bis zu Syriza, die bis vor kurzem noch eine Anti-Memorandumspartei war, von der neoliberalen POTAMI bis zur faschistischen “Goldenen Morgenröte”, jede Stimme, jede Wahl wird akzeptiert, solange sie nicht die Grenzen des EUROS und der EU überschreiten. Wer immer sich auch für einen Bruch mit der EU ausspricht, wird als gefährlich und verrückt dargestellt. Gleichzeitig findet ein Prozess der Dämonisierung in Bezug auf den EU-Austritt statt, wobei gar nicht mehr wie früher versucht wird, “gute Zeiten” zu versprechen, es wird nur noch Angst geschürt vor dem “Unbekannten” und der Zerstörung, die uns angeblich erwarten würde, wenn wir die EU und Eurozone verlassen.

Wir können ohne EU und Euro leben!

 

Tatsächlich können wir ohne EU und Euro leben. Nicht nur weil es ein solches Leben auch vor 1981 oder 2002 gab, also die Jahre, als Griechenland der EU bzw. der Eurozone beitrat. Was als “unbekannt” dargestellt wird, kennen wir tatsächlich sehr gut. Außerhalb der neoliberalen EU kann das Land eine alternative Politik betreiben, indem es die Kontrolle über die Fiskal- und Geldpolitik zurückgewinnt, um die Menschen zu schützen anstatt ihnen das Blut auszusaugen. Unter diesen Bedingungen ist Griechenland nicht mehr gezwungen, sein öffentliches Eigentum an chinesische, deutsche, kanadische Konzerne zu verkaufen bzw. Milliarden an Banken auszuschütten. Durch die Verstaatlichung der Banken und der Schlüsselindustrien könnte dem Staat wieder auf die Füße geholfen werden. Auch ein anderer Umgang mit Flüchtlingen wäre möglich: ohne Sperrzäune an der griechisch-türkischen Grenze in Evros, der die Flüchtlinge in unterschiedliche Kasten spaltet und die grundlegenden Prinzipien des internationalen Rechts und der Genfer Konvention missachtet. Eine unabhängige, friedliche und antiimperialistische Außenpolitik wird möglich.

Heute ist es notwendig, eine jugendpolitische Strömung und eine Studierendenbewegung für den Bruch mit der EU aufzubauen. Denn nach sechs Jahren und drei Spardiktaten ist es klar, dass die EU-Einbahnstraße eine Sackgasse ist, die weder das Land noch seine Menschen rettet, sondern immer mehr Verheerungen anrichtet. Schon der vorsichtigste Versuch, diese Spardiktate und die Regierungspolitik zu hinterfragen, war ohne die Bereitschaft, die EU-Vorgaben zurückzuweisen, zum Scheitern verurteilt. Um diese Memorandumspolitik zu überwinden, die die Bildung aushungert und Prekarität und Arbeitslosigkeit fördert, muss das EU-Korsett infrage gestellt und zerbrochen werden.