ImageNach einigen Monaten im Amt und nach zahlreichen Eurofighter-Verrenkungen und absurden „Ex-Zivi-Debatten“ lichtet sich der Nebel rund um den Neo-„Verteidigungs“minister Norbert Darabos (SPÖ): saftige Erhöhung des Militärbudgets und Bundesheer-Auslandseinsätze inkl. Teilnahme an den EU-Schlachtgruppen verweisen auf die Kontinuität in der österreichischen Sicherheitspolitik. „Neu“ ist lediglich die perfide Neutralitäts-Rhetorik.

Der neue „Verteidigungs“minister Norbert Darabos (SPÖ) hat es bereits im Vorfeld stolz angekündigt: wegen dem Ankauf der Eurofighter-Kampfflugzeuge und der zunehmenden Bundesheer-Auslandseinsätze werde das Militärbudget in diesem Jahr massiv ansteigen.(1) Ende März hat dann Finanzminister Molterer die offiziellen Zahlen präsentiert: Während - verglichen mit dem Vorjahr - insgesamt 945 Mio. Euro eingespart werden sollen, steigt das Militärbudget um 517 von 1.733 auf 2.250 Mio. Euro an. Das entspricht einer Steigerung um 30 % und stellt damit einen neuen Rekord dar (siehe Grafik)!

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Von 2006 auf 2007 explodiert das Militärbudget um 30 %!

Zusätzlich fließen auch die Erlöse aus (Kasernen-)Grundstücksverkäufen in das Militärbudget: für 2007 rechnet Darabos deshalb mit weiteren 50 Mio. Euro. Interessant sind auch die anteiligen Veränderungen innerhalb des Militärbudgets 2006 auf 2007: Während beim Personal (von 59,67 % auf 48,79 %) und beim Betrieb (von 21,49 % auf 20,24 %) ein Rückgang zu beobachten ist, explodieren die Ausgaben für Investitionen, also für das eigentliche Aufrüstungsbudget, von 18,84 % auf 30,97 %.(2) Damit folgt die Entwicklung den Empfehlungen der Bundesheer-Reformkommission zur schrittweisen Erhöhung des Militärbudgets gemäß internationaler Standards, wobei „die Anteile für Investitionen mittelfristig mindestens ein Drittel der Gesamtausgaben“ des Militärbudgets ausmachen sollen.(3) Der Budgetbericht 2007/2008 spricht auch Klartext bzgl. der Verwendung der zusätzlichen Mittel: Mit ihnen „kann die während des Zeitraums 2005 bis 2012 umzusetzende Heeresreform weitergeführt werden sowie die anteiligen Kaufpreiszahlungen und Betriebskosten für den Eurofighter bezahlt werden. Darüber hinaus ist der Aufbau und die Ausstattung jener Truppeneinheiten für Auslandseinsätze, zu denen sich Österreich gegenüber der Europäischen Union im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik verpflichtet hat, im erforderlichen Ausmaß möglich“.(4)  Bzgl. der Frage, wie das Militärbudget ohne Eurofighter aussehen würde, macht Darabos auch keinen Hehl daraus, dass das Geld trotzdem für das Bundesheer Verwendung finden solle: „Es sei ein offenes Geheimnis, dass auch im Bundesheer viele Personen der Meinung seien, das Geld, dass für die Eurofighter ausgegeben werde, sei in anderen Beschaffungsvorgängen besser angelegt. Bis Ende der Legislaturperiode, 2010, werde er jedoch auch dafür sorgen, dass notwendige Beschaffungen für das Bundesheer getätigt werden“.(5) Insgesamt handelt es sich „nur“ um erste Schritte, denn in der „Teilstrategie Verteidigungspolitik“ wird definiert, was mit „internationalen Standards“ gemeint ist: nämlich eine Anhebung des Militärbudgets auf den EU-Durchschnitt, der derzeit ca. 1,9 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) beträgt. Österreich wird im Jahr 2007 voraussichtlich 0,9 % des BIP erreichen. D. h. für die nächsten Jahre wird mehr als eine Verdoppelung der Ausgaben für militärische Angelegenheiten angestrebt!

Aber auch in anderen Bereichen zieht Darabos - durch die Eurofighter-Debatte weitgehend ohne mediale Aufmerksamkeit - das Programm seiner Vorgänger durch.

Im Visier: Westbalkan und Naher Osten

Besonders die Bundesheer-Auslandseinsätze haben es Darabos angetan: „Wir bilden bis zum Jahr 2010 über 3.000 Soldaten speziell für Auslandseinsätze aus. Damit haben wir mehr Möglichkeiten, um unsere internationalen Einsätze deutlich zu erhöhen“.(6) Und dafür wird in Zukunft auch weiteres Geld zur Verfügung stehen: „Ungarn und die Slowakei erreichen Anfang 2008 oder spätestens 2009 die Schengenreife. Dann können wir die Assistenzeinsätze an der Grenze einstellen, die uns pro Jahr 18 Millionen Euro gekostet haben. Das Geld kann man für Auslandseinsätze verwenden“.(7) Auch seine geografischen Schwerpunkte sind interessant: neben dem Westbalkan ist das vor allem der Nahe Osten.

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Neben den Eurofightern sind die zunehmenden Auslandseinsätze des Bundesheeres die Hauptgründe für das explodierende Militärbudget. Derzeit befinden sich 1.272 SoldatInnen im Auslandseinsatz - größtenteils auf dem Westbalkan.

Kosovo: UNO raus, EU rein

Besonders am Westbalkan zeichnen sich neue Entwicklungen ab. So plant die EU, die Anzahl der SoldatInnen in Bosnien-Herzegowina „aufgrund der verbesserten Sicherheitslage“ mehr als zu halbieren. „Es wird allerdings für Bosnien und auch für den Kosovo eine operative Reserve in Bataillonsstärke aufgebaut, die bei Notwendigkeit rasch zur Verstärkung eingesetzt werden kann. Österreich wird sich an diesem Verband voraussichtlich mit ca. 170 Soldatinnen und Soldaten beteiligen“, so Darabos.(8) Die Beteiligung am „Operational Reserve Force Battalion“ ist ab 1. Jänner 2008 vorgesehen. Und im Kosovo gilt ab Sommer 2007: UNO raus, EU rein. Denn zu diesem Zeitpunkt wird die EU die UNO-Mission im Kosovo ablösen, die in den Bereichen Polizei und Justiz tätig ist - mit österreichischer Beteiligung. Damit baut die EU ihre Kontrolle über den Westbalkan weiter aus. Bereits im Dezember 2004 hat die EU die militärische Kontrolle über Bosnien-Herzegowina von der NATO übernommen, im Kosovo bleiben die KFOR-Truppen vorerst noch unter NATO-Führung - natürlich in enger Kooperation mit der EU.

Perfide Neutralitäts-Rhetorik

Aufrecht bleibt auch die Teilnahme an den EU-Schlachtgruppen (engl. EU-Battle-Groups). Nach Darabos wird Österreich ab dem Jahr 2010 oder 2011 ca. 200 bis 300 SoldatInnen in eine deutsch geführte EU-Schlachtgruppe einbringen, die besonders schnell und flexibel weltweit eingesetzt werden kann - auch ohne UNO-Mandat. Doch Darabos stört lediglich der Begriff und er lügt: „Battlegroup ist ein unglücklicher Begriff, weil es nicht um kriegerische Maßnahmen geht“.(9) Und weiter: „Jede Beschickung der Battlegroups wird in Österreich beschlossen. Insofern ist es mit der Neutralität vereinbar [...] Ein Einsatz muss im Sinn der UN-Charta passieren“ - wohlgemerkt nicht unbedingt auf Basis eines UNO-Mandats! Die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin gehe ihm „zu stark in Richtung NATO-Affinität. Ich werde versuchen, ob wir darin die Neutralität nicht stärker betonen können“. Dabei ist die Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin eindeutig in erster Linie ein Dokument der Unterordnung unter die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), weshalb auch in ihr festgestellt wird, dass Österreich nicht mehr neutral, sondern lediglich bündnisfrei sei.

Es ist diese perfide Mischung aus den realen Entwicklungen, wie sie analog zu Ex-„Verteidigungs“minister Platter neutralitätswidrig weitergeführt werden, und einer „neuen“ Neutralitäts-Rhetorik, die alles für vereinbar erklärt, was Darabos für die Friedenskräfte in diesem Land besonders gefährlich macht. Der Eurofighter-Ankauf muss noch rückgängig gemacht werden. Aber ebenso auch die fortgesetzte Aushöhlung der Neutralität!

Günter Reder

Anmerkungen:
(1) vgl. ORF-Mittagsjournal, 2.3.2007
(2) vgl. BMF: Erläuterungen zum Bundesvoranschlag, S. 196
(3) vgl. Bericht der Bundesheerreformkommission 2004, S. 56
(4) Budgetbericht 2007/2008, S. 16
(5) APA OTS, SPÖ, 25.3.2007
(6) Profil Nr. 12/2007
(7) ebd.
(8) www.bundesheer.at, 1.3.2007
(9) Dieses und alle folgenden Zitate aus: Profil Nr. 12/2007

aus: guernica 2/2007